Einmal wird gestrichen, dann kommt etwas hinzu. In der Steuerpolitik fehlt ein umfassender Ansatz, meint StZ-Berlin-Korrespondent Roland Pichler.

Berlin - Die große Koalition legt in der Steuerpolitik keinen Ehrgeiz an den Tag. Stattdessen beschäftigt sie sich mit Klein-Klein. Das neueste Beispiel dafür ist der Handwerkerbonus. Seit fast einem Jahrzehnt können Privathaushalte einen Teil der Handwerkerleistungen von der Steuer absetzen. Das Handwerk verteidigt dieses Steuerprivileg mit dem Hinweis, dadurch werde Schwarzarbeit eingedämmt. Schließlich muss der Kunde Rechnungen und Überweisungsbelege vorlegen, um Steuervorteile geltend zu machen. Tatsächlich werden viele Steuerzahler den Bonus einfach mitnehmen. Die Handwerker hätten sie auch ohne Steuergutschrift bestellt. Es gibt viele Vergünstigungen – ein Beispiel ist das von Schwarz-Gelb eingeführte Mehrwertsteuerprivileg für Hotels.

 

Sinnvoll wäre es, alle Steuervergünstigungen auf den Prüfstand zu stellen. Es reicht nicht aus, alte Sonderregelungen durch neue Ausnahmen zu ersetzen. Sinnvoller wäre es, auch die Steuersätze zu senken. Davon hätten alle Steuerzahler etwas. Doch diese Kraft bringt die große Koalition nicht auf. Sie kommt über die steuerrechtlichen Niederungen nicht hinaus. Dass die Bundesregierung die energetische Gebäudesanierung fördert, ist zwar richtig. Auf diese Weise unterstützt die Politik Investitionen in den Klimaschutz. Um die neue Vergünstigung zu finanzieren, soll aber der Handwerkerbonus gekappt werden. Eine Steuersubvention wird durch eine andere ersetzt. Das ist das bekannte Muster „linke Tasche, rechte Tasche“. Ob der Staat wirklich Impulse setzt, ist zweifelhaft.

Dass die Bundesregierung zögerlich ist, hängt mit der Verweigerung der Länder zusammen. Der Bundesrat betreibt in der Steuerpolitik seit Jahren eine Blockadepolitik. Bei Entlastungen machen die Ministerpräsidenten nicht mit. Die Länder tragen so zum Stillstand bei.