Hannes Rockenbauch kritisiert das politische System scharf – und will dennoch in diesem System Oberbürgermeister werden. Viele glauben ihn zu kennen: im StZ-Interview zeigt sich der Bewerber der SÖS/Linken auch von einer anderen Seite.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)
Stuttgart Viele meinen, sich ein Bild von ihm machen zu können: der Feuerkopf mit dem roten Schopf. Der Redner, der auf einer Bühne mit harschen Worten gegen die Bahn und den Politikbetrieb wettert und damit bei Tausenden von Menschen Emotionen schürt. Hannes Rockenbauch, 32, polarisiert in Stuttgart wie kaum ein Zweiter. Jetzt tritt er für das Bündnis SÖS/Die Linke als OB-Kandidat an. Im Sommerinterview redet er in der Eisdiele Pinguin am Eugensplatz über seine erste Rollschuhdemo, über seine Utopien und seine kleine Tochter. Um Stuttgart 21 geht es eher am Rande.
Herr Rockenbauch, warum wollten Sie sich ausgerechnet hier mit uns treffen?
Weil ich Lust auf einen Eiskaffee hatte und die Aussicht liebe. Man ist hier mitten in der Stadt und kann dennoch auf sie hinabschauen. Da sieht man das, was schön ist genauso gut wie die Schandtaten.

Lassen Sie uns runterschauen – was gefällt Ihnen nicht?
Da kann man viel entdecken. Das fängt bei der Glastonne über dem Königsbau an und geht mit dem Abriss der Bahnhofsflügel weiter. Von hier aus wird man in ein paar Jahren auch das neue Dorotheen-Quartier bewundern können. Da blickt man dann auf ein graues kühles Dachlandschaftsgedöns. In Stuttgart versteckt sich das Hässliche leider nie.

Verglichen damit könnten Ihnen sogar die Glasaugen des neuen Tiefbahnhofs gefallen.
Zum Straßburger Platz, der dort entstehen soll, gibt es für mich nur eines zu sagen: der wird eine Beleidigung für Straßburg sein. Auf so einer Buckelpiste kann niemals ein gescheiter öffentlicher Platz entstehen. Das ist ein Hütchenspiel, das wird nie gut. Der Bahnhof will seine Bullaugen unbedingt als geniale architektonische Leistung verkaufen.

Da ist er wieder: „Hannes-ich-hau-drauf-Rockenbauch“.
Auf wen soll ich denn draufgehauen, wen soll ich beleidigt haben?

Den Architekten Ingenhoven.
Ich habe nur seine Architektur kritisiert.

Als Hütchenspiel, als Beleidigung für Straßburg. Sie sind selbst Architekt, das ist Kollegenschelte.
Bei der Fehlplanung ist die auch angebracht, wobei es ja nicht die Idee des Architekten ist, den Bahnhof zu verbuddeln. Aber so wie Sie wollen mich manche unbedingt wahrnehmen: Meine Person lässt sich sehr gut zuspitzen.

Moment. Sie sind doch selbst der große Zuspitzer und attackieren Ihre Gegner oft mit markigen Sprüchen.
Für mich ist das Provozieren nie das Ziel an sich. Für mich ist es eher ein Spiel, es dient der Gesprächseröffnung, um bei anderen Neugier auf meine Inhalte zu wecken.

Sie wollen doch Oberbürgermeister werden. Ist Ihre Frontalangriffsmethode hilfreich in dieser Führungsposition?
Jeder, der eine Rolle hat, muss diese angemessen spielen. Als OB sind Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen notwendig. Das kann ich wunderbar. Aber für mich kommt es nicht infrage, mit nichtssagenden Floskeln meine wahre Meinung zu verbergen. Wenn etwas Mist ist, ist es Mist. Dann muss ich es aber auch begründen können. Eine klare Sprache ist hilfreich, beleidigend soll sie nicht sein.

Deswegen haben Sie der LBBW auch unterstellt, dass es sich bei ihr um eine Vereinigung von Kriminellen handelt.
Das habe ich so nicht gesagt! Ich habe gesagt, es sei eine kriminelle Vereinigung. Die Ziele dieser Vereinigung sind Nahrungsmittelspekulation und Gewinnmaximierung ohne ethische und soziale Erwägungen. Und das halte ich für kriminell.