Hans-Günther Bunz aus Sillenbuch ist mit der Radiosendung „Von Melodie zu Melodie“ bekannt geworden. Vor Kurzem hat er seinen 90. Geburtstag gefeiert. Was ihn nicht daran hindert, Tag für Tag am Klavier zu sitzen und CDs zu produzieren.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Sillenbuch - Gabriele Bunz scherzt gern über den Magnet, den sie an seinem Allerwertesten vermutet. Der Magnet, der ihren Mann Hans-Günther immer wieder hinaufzieht – über die schmale Wendeltreppe in sein Studio im ersten Stock des Sillenbucher Hauses. Da sitzt er dann stundenlang, verwachsen mit den Tasten, komponiert, improvisiert, musiziert.

 

Die besten Einfälle kommen dem Pianisten zu später Stunde; dann steht er kurz vor Mitternacht noch einmal auf, um sich die Gedanken rasch zu notieren. Gabriele Bunz kennt das gar nicht anders. Die Musik gehört genauso lang zu ihrem Leben wie ihr Mann. Und lang meint in ihrem Fall: ewig. Die eiserne Hochzeit haben sie schon gefeiert. Hans-Günther Bunz ist gerade 90 Jahre geworden, sie wird es demnächst.

Er war ein lebendiges Mischpult

Ältere Semester, die den Namen Hans-Günther Bunz hören, denken womöglich an die SDR-Radiosendung „Von Melodie zu Melodie“. Er werde jedenfalls immer noch darauf angesprochen, erzählt er. Einmal in der Woche wurde „leichte Musik“, also Jazz, Schlager und Volkstümliches, durch den Äther in die süddeutschen Wohnzimmer geschickt. Das waren einmal in der Woche 50 Minuten, in denen nur Musik lief und kein Gequassel. Hans-Günther Bunz hat Lieder von Udo Jürgens und James Last am Piano improvisatorisch verbunden. Er war der Mann für die Übergänge, ein lebendiges Mischpult. Viele Jahre war Bunz Chef der Produktions- und Programmabteilung leichte Musik beim SDR. Nebenher war er Dozent an der Musikhochschule.

Seit 25 Jahren ist er im Ruhestand. „Dann habe ich halt hier weitergemacht“, sagt er. Gerade ist eine CD von ihm erschienen – Filmmusik-Schlager aus den 30ern und 40ern. Er hat sie für den Verlag MG Schwabenpower neu vertont. Und für eine weitere Scheibe improvisiert er gerade wieder. Im Laufe seines Lebens sind fast 900 Kompositionen zusammengekommen. Wenn er an den Tasten sitzt, sprudeln die Melodien aus ihm heraus. Seine Finger machen, was dem Geist einfällt. Und der gibt einfach keine Ruhe.

Dabei war die Musik nur zweite Wahl. Bunz hat begonnen, an der ärztlichen Akademie der Luftwaffe Medizin zu studieren. Er wollte Kinderarzt werden. Nach einem Jahr wurde er eingezogen. Er war an der Ost- und an der Westfront. 1945 – nur wenige Tage vor Kriegsende – geriet er in US-Gefangenschaft und kam 1946 frei. „Die haben uns ausgehungert“, sagt er. In seinen Augen spiegeln sich die Schreckensjahre. „Ich wog hinterher noch 90 Pfund.“

Bunz war und ist ein Musiktalent

Nach dem Krieg war alles anders. Seine Eltern waren bei einem Fliegerangriff ums Leben gekommen, ihr Haus in Heilbronn war eine Ruine. Die Studienplätze für Medizin waren weg. Er war zu der Zeit schon mit seiner Gabriele verlobt, „und wir wollten heiraten“, es blieb keine Zeit, ein Beruf musste her. Er hat bei der Musikhochschule in Stuttgart vorgespielt und beim SDR. Beides mit Erfolg: Er bekam einen Studienplatz und wurde vom Radio engagiert, denn Bunz war und ist ein Musiktalent. Das lag ihm im Blut. Sein Vater, ein Lehrer, hat vier Instrumente beherrscht, seine Mutter war Konzertsängerin. „Als Kind habe ich mich ans Klavier gesetzt, ohne dass ich Noten kannte“, sagt er. „Das war später mein Spezialgebiet.“ Und ist es noch.

Doch eines hat sich mittlerweile verändert: Standen früher echte Instrumente in seinem Studio, hat er heute sein „Teufelsgerät“, wie er den Laptop nennt. Er kann damit die Streicherstimmen genauso spielen wie den Bass. Wenn ihn sein Magnet mal wieder an sein Keyboard gezogen hat, sitzt seine Frau nebenan, puzzelt und sagt ihm, wenn ihr eine Melodie bekannt vorkommt.