Offene Worte: der Unternehmer Hans Peter Stihl erklärt, was in der Region Stuttgart besser laufen könnte.

Waiblingen - Hans Peter Stihl, wie man ihn kennt: grauer Anzug mit Weste, randlose Brille. Der persönlich haftende Gesellschafter der Firma Stihl trinkt einen Kaffee – „wie immer“, sagt die Mitarbeiterin. Zum Gespräch in einem Besprechungsraum im Konferenzzentrum etwas abseits des Werks kommt der 83-Jährige direkt aus seinem nebenan gelegenen Büro, das er sich mit seiner Schwester teilt – wie seit fast 60 Jahren. Der Firmensitz liegt idyllisch in einem Tal am Ortsrand von Waiblingen, auf der Anfahrt stehen viele Tempo-30-Schilder – ein Thema, das im Interview noch eine Rolle spielen wird.
Herr Stihl, wann hat Ihr Arbeitstag begonnen?
Momentan beginnt er immer um 9 Uhr . . .
. . . also später als zu den Zeiten, da Sie noch in Amt und Würden waren?
Ja, früher habe ich um 8 Uhr angefangen. Jetzt bin ich ein bisschen fauler. Aber es macht mir Spaß, weiterhin zu arbeiten. Deshalb ist es für mich auch kein Opfer, täglich ins Büro zu kommen. Ich bin nach wie vor sehr interessiert an der Entwicklung der Firma, halte mich aber natürlich zurück: Mein Sohn hat jetzt meine Position als Beiratsvorsitzender inne – und repräsentiert die Firma neben dem Vorstand nach außen.
Wie sehen Sie konkret Ihre Rolle?
Ich passe im Hintergrund auf, dass die Gesamtrichtung stimmt. Meine Reputation als persönlich haftender Gesellschafter ist im Unternehmen nach wie vor groß. Wenn ich mich zur Firma äußere, ist es ähnlich wie bei dem früheren Bosch-Chef Hans Merkle – auch er war nicht mehr in Amt und Würden, aber sein Wort galt.
Fällt es Ihnen schwer loszulassen?
Nein. Ich habe viele Hobbys, ich filme und fotografiere gerne, und ich fahre Motorrad.
In Ihrem Alter! Eine BMW mit einer Spitzengeschwindigkeit von 280 Kilometern pro Stunde!
Ach je, 250 reicht. Wenn man auf den heutigen Autobahnen einmal richtig schnell fahren will, muss man am Sonntagmorgen früh aufstehen. Das ist dann ein sehr schönes Fahrgefühl.
Sie hatten zahlreiche Ämter mit engem Kontakt zur Politik. Inzwischen halten Sie sich mit öffentlichen politischen Aussagen zurück. Warum?
Ich habe ja kein öffentliches Amt mehr. Allerdings bin ich nach wie vor im Gespräch mit vielen Politikern und Wirtschaftsführern. Ich war eben erst in München bei dem Treffen der Bundeskanzlerin mit den Vertretern der vier Spitzenverbände der Wirtschaft und habe dort, was die Erbschaftsteuer betrifft, meine Position vorgetragen. Und ich hatte den Eindruck, dass es für manche Zuhörer ein gewisses Aha-Erlebnis war.
Sie haben die Politik kritisiert?
Ich habe klargemacht, dass es in Europa viele Ausweichmöglichkeiten gibt, um einer konfiskatorischen Erbschaftsbesteuerung zu entgehen.