Viel ekligen Gestank gab es in den vergangenen Wochen an der Sigmaringer Straße. Auf dem Hansa-Areal dort befinden sich Altlasten im Boden. Diese müssen entfernt werden, bevor neu gebaut wird. Die Geruchsbelästigung durch die Sanierungsarbeiten soll nun aber vorüber sein.

Möhringen - Der Geruch ist ölig, teerig, dumpf. Selbst bei dem aktuell kühleren Wetter und bei Windstille ist er gut wahrzunehmen. An den heißen Tagen in den vergangenen Wochen war es teils so unerträglich, dass manch Anwohner der Sigmaringer Straße es vorzog, an einem anderen Ort zu übernachten; viele beschwerten sich. Der Grund für die Geruchsbelästigung sind die Sanierungsarbeiten auf dem ehemaligen Hansa-Gelände (unsere Zeitung berichtete). Die schlimmste Phase soll nun aber vorüber sein, die herausgebaggerte, mit Schadstoffen belastete Erde wird dieser Tage abtransportiert.

 

Wie der neue Eigentümer des Geländes, BPD Immobilienentwicklung (früher Bouwfounds), in einem Brief an die Anwohner mitteilt, seien die Aushubarbeiten nun abgeschlossen. „Bedingt durch die aktuelle Wetterlage dürften dabei jetzt keine gravierenden Geruchsbelästigungen mehr auftreten“, ist dort zu lesen. Man entschuldige sich und bitte um Verständnis für die Unannehmlichkeiten. Viele verärgerte Anwohner landeten bei Hartmut Mezger von der Firma Geo-Aer. Er betreut als Gutachter die Sanierungsarbeiten auf dem Gelände. Dass der Aushub ausgerechnet an den heißesten Tagen gemacht wurde, sei nicht steuerbar gewesen, sagt er. „Es war eben geplant, dies nach dem Abbruch der Gebäude zu tun“, erklärt er.

Hansa hat dort früher Steinkohle verschwelt

Auf dem Gelände stand die Produktionsstätte des Armaturenherstellers Hansa. In der Erde befinden sich daher verschiedene Schadstoffe. „Chromat beispielsweise oder Kohlenwasserstoffe sind von der Geruchsbelästigung zu vernachlässigen“, sagt der Gutachter. Was für den unangenehmen Geruch gesorgt hat, sind Überbleibsel der Gasherstellung der Firma. „Hansa hat Steinkohle verschwelt und eigenes Gas hergestellt“, erläutert Mezger. Die in den Boden übergegangenen Schadstoffe seien für den Teerölgeruch verantwortlich. Am Gaskessel in Stuttgart-Ost gebe es ähnliche Hinterlassenschaften, erklärt er. Heutzutage werde dies nicht mehr gemacht. „Damals war es für größere Unternehmen üblich und notwendig, Energie und Wärme selbst zu produzieren“, erläutert er.

Chromat entsteht bei der Galvanisierung von Metallteilen; Kohlenwasserstoffe werden bei der Entfettung benötigt. Denn Metall wird ölig; bevor es weiterverarbeitet werden kann, muss es vom Fett gereinigt werden. Dies geschieht mit Hilfe der leicht flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffe. „Durch Tropf- oder Umfüllverluste gelangen diese ins Erdreich, denn sie gehen leicht durch Beton hindurch“, erklärt Mezger – und damit ins Grundwasser. „Das alles ist lange bekannt; es sind übliche Hinterlassenschaften bei Metall verarbeitenden Betrieben“, erklärt er.

Grundwassersanierung wird noch viele Jahre dauern

Diesbezüglich laufen daher schon seit längerer Zeit Sanierungsarbeiten – wovon die Anwohner im Gegensatz zu den aktuellen Arbeiten nichts mitbekommen. „Auf dem Gelände wird seit über 20 Jahren eine Grundwassersanierung betrieben“, bestätigt Hans-Wolf Zirkwitz, der Leiter des Umweltamts. Dabei werde das durch Kohlenwasserstoffe verunreinigte Grundwasser entnommen und gereinigt. „Die Sanierung des Grundwassers muss auch nach vollständiger Umnutzung und Neubebauung des Geländes noch für einige Jahre fortgeführt werden“, sagt er. Eine genaue Prognose sei jedoch nicht möglich. Die Firma Hansa sei als Verursacher für die Grundwassersanierung verantwortlich und trage die Kosten. Diese belaufen sich nach Schätzung des Gutachters auf einen sechs- bis siebenstelligen Betrag. Genauere Auskünfte waren von Hansa bis Redaktionsschluss nicht zu bekommen.

In den Ursprungszustand versetzen, ist nicht möglich

Die verunreinigte Erde, die aktuell herausgebaggert wurde, wird nun abtransportiert und fachgerecht entsorgt. Rund 1000 Kubikmeter sind entnommen worden. Zum Vergleich: auf einen Lastwagen passen circa 15 Kubikmeter. Das Grundwasser wird mit Hilfe von Aktivkohlefiltern sowie Ionentauschern gereinigt und dann über einen Zufluss in den Riedsee geleitet. Pro Jahr werden so 800 bis 1000 Kubikmeter Wasser aufbereitet. „Eine industriell genutzte Fläche kann man zwar nicht wieder zur grünen Wiese machen“, sagt Mezger. „Aber man kann sie in einen Zustand versetzten, dass Wohnen wieder möglich ist“, erklärt der Gutachter.

Auf dem Hansa-Areal soll es künftig Wohnbebauung, Gewerbe und die neue Feuer- und Rettungswache 5 geben. Im September startet der Architektenwettbewerb für das neue Wohngebiet mit dem Namen „Bei den Öläckern“. Das Preisgericht tagt voraussichtlich im April 2016.