Die Auszeichnung geht an einen Fotografen, der die Geschichte zu seinem Bild aufgeschrieben hat. Sein Foto ging um die ganze Welt. Der Fotograf Daniel Etter hat dieses Bild im August 2015 geschossen und dafür den Pulitzer-Preis erhalten.

Fellbach - Dieses Foto kennt fast jeder, es ging vor gut zwei Jahren um die Welt: Es zeigt einen erschöpften und weinenden Mann, der seine Tochter auf dem Arm hält und seinen Sohn an sich drückt. Es ist das Foto einer Familie aus dem Irak, die gerade auf der griechischen Insel Kos aus einem Flüchtlingsboot steigt und nach einer alptraumhaften Reise endlich ihre Füße auf festen Boden setzt.

 

Daniel Etter spürte die Familie in Berlin auf

Der Fotograf Daniel Etter hat dieses Bild im August 2015 geschossen und dafür den Pulitzer-Preis erhalten. Nun wurde er am Mittwoch für seine später dazu geschriebene Reportage „Ein kurzer Traum“ auch noch mit dem renommierten Hansel-Mieth-Preis der Weinstädter Agentur Zeitenspiegel ausgezeichnet.

In seiner Reportage erzählt Daniel Etter die Geschichte einer Familie, die nach ihrer Ankunft auf Kos in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin lebt. Langeweile bestimmt den Alltag, bis die Eltern und drei Kinder wegen eines nahenden Todesfalls in der Familie zurück nach Bagdad fliegen – und dort bleiben. Etter spürte die Familie in Berlin auf, besuchte sie nach der Rückkehr in Bagdad und erzählt von der Resignation nach dem Ende eines „kurzen Traums.“

Es ging viel um das Thema Voyeurismus

So gesehen unterscheidet sich diese Geschichte von zahlreichen anderen über Flüchtlinge. „Es gefällt mir, zu erfahren, was aus dieser Familie geworden ist – das erfährt man in anderen Geschichten über Flüchtlinge ja meist nicht“, sagte Uschi Entenmann von der Agentur Zeitenspiegel.

Es ging viel um das Thema Voyeurismus bei der Preisverleihung im großen Saal des Fellbacher Rathauses: Wie weit darf man gehen, wenn man fremde Menschen so nah fotografiert? Wie weit darf man das Innere ihrer Seele zur Schau stellen? „Darf man indirekt vom Leid anderer profitieren?“, fragte die Oberbürgermeisterin Gabriele Zull in ihrer Begrüßung.

Das Foto wurde zigtausend Mal in den sozialen Netzwerken geteilt

Ja, man darf, findet Daniel Etter. Er argumentierte, dass nach dem Erscheinen eines ähnlichen Artikels zu einem Flüchtlingsthema das Spendenaufkommen rasant angestiegen war. Dies sei die „Rechtfertigung für diesen Voyeurismus“. Schließlich habe auch seine Geschichte eine immense Welle der Anteilnahme ausgelöst. Der Kulturvereins-Chef Knut Matzen fragte laut, ob Daniel Etter die Familie vorher denn überhaupt gefragt habe, ob er dieses Foto machen dürfe.

Der Preisträger sagte, er habe direkt nach der Aufnahme einen Abend mit der Familie verbracht und ihnen gesagt, was er beruflich mache. „Aber natürlich war niemandem vorher klar, welche Wucht dieses Foto erreichen würde, auch mir nicht.“ Zigtausend Male wurde es in den sozialen Netzwerken und Kanälen geteilt. Den Hansel-Mieth-Preis digital erhielten Christina Schmidt (Text) und Maria Feck (Fotos) für ihre Reportage über die hohe Selbstmordrate unter jungen Grönländern – ein ebenso tristes Thema. Der Wunsch, dass auch eine positiv gestimmte Reportage, die vielleicht sogar zum Schmunzeln anregt, eine Chance auf den Preis hat, war im Rathaus zum Greifen.