Vom Urknall, als das Universum noch dunkel war, bis zum Sonnenlicht, das auf der Erde Leben ermöglicht – der Physiker und TV-Moderator Harald Lesch nimmt seine Zuhörer an der Uni Stuttgart auf eine kurzweilige Reise durch Raum und Zeit.

Stuttgart - Physiker können lange und zähe Vorträge halten, um zu erklären, welch wichtige Rolle das Licht in ihrer Wissenschaft spielt. Die Physiker der Uni Stuttgart haben es anders gemacht. Zum internationalen Jahr des Lichts 2015 haben sie Harald Lesch eingeladen. Wer Lesch in einer seiner Fernsehsendungen erlebt, glaubt kaum, dass der Mann nur im Nebenberuf Fernsehmoderator, Unterhaltungskünstler, Dampfplauderer und manchmal auch Spaßmacher ist. Der vielfach Ausgezeichnete ist Hochschullehrer in München, er ist Astronom und Philosoph, und er hat ein ernsthaftes Anliegen. Lesch versteht es, einen Vortrag über „Das Licht der Welt“ mit den Worten zu beginnen: „Einen erheblichen Teil des Vortrags können Sie sich nicht vorstellen“, und dann sein Auditorium so leichthändig und unterhaltsam von der Entstehung des Lichts bis zur Entstehung des Lebens zu führen, dass man genau dies nicht vermisst: das Verständnis für die physikalische Theorie des Lichts.

 

Und der Stuttgarter Physiker Gert Denninger, der die Veranstaltungsreihe „Physik die Wissen schafft“ moderiert, und seine Kollegen haben noch etwas richtig gemacht: Sie haben sich mit Schulen in Verbindung gesetzt. Die 799 Plätze des großen Hörsaals auf dem Vaihinger Campus waren voll besetzt, darunter viele mit Schülern.

Harald Lesch hat den Ehrgeiz, die Bilder, von denen er erzählt, in den Köpfen der Zuhörer entstehen zu lassen. „Es tut mir leid. Es gibt keine Folie. Ernsthaft.“ In vier Punkten skizziert er wie nebenbei, was er in den folgenden anderthalb Stunden ausführen will: Dass das Universum nach dem Urknall erst einmal „total dunkel“ war, weil die Temperaturen – eine Eins mit 32 Nullen – viel zu hoch waren für sichtbares Licht. Dass nach der ersten Abkühlung und Ausdehnung Sterne entstanden, in deren innersten Tiefen das Licht durch Verschmelzung von Atomkernen entsteht und dann vielleicht dreißig Millionen Jahre bis zur Oberfläche braucht – so ist es zumindest bei der Sonne. Acht Minuten später ist das Sonnenlicht auf der Erde, wo es, Stichwort drei, mit der Fotosynthese das Leben möglich macht und, Punkt 4 des Vortrags, die Solarenergie liefert. Lesch: „Das sind die großen Felder, die uns existenziell betreffen.“

Am Ende wird der Unterhaltungskünstler ernst

Es wurde ein höchst amüsanter Spaziergang vorbei an wichtigen philosophischen Grundlagen und Erkenntnissen der Physik. Physiker, so Lesch, setzen voraus, dass die Naturgesetze, die sie auf der Erde entdecken, überall im Weltall und jederzeit gelten. Das habe sich in unzähligen Experimenten und Beobachtungen bestätigt. So fand der Astronom Edwin Hubble im Regenbogenspektrum des Lichts charakteristische Linien, die verschoben waren, wenn das Licht von sehr weit her aus dem All kam. Diese sogenannte Rotverschiebung ist eine Folge der Ausdehnung des Weltalls. Der belgische Theologe und Astrophysiker Georges Lemaître schloss, dass etwas, das sich ausdehnt, einmal kleiner gewesen sein und einen Anfang gehabt haben muss – die Urknalltheorie war geboren.

Aber: „Wenn alles auseinanderstrebt, wie können sich Dinge zusammenballen?“ Ursache sind die Schwerkraft und die Tatsache, dass sich das Universum nicht zu schnell ausdehnt. Wie die Schwerkraft – Lesch: „Ich habe keine Ahnung, was das ist“ – funktioniert, konnte er immerhin andeuten: „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.“ Wo viel Materie sei, ziehe diese weitere Materie an. Die Schwerkraft würde aber große Massenansammlungen „beliebig zusammendrücken“, gäbe es nicht die Regeln der Quantenphysik. Der quantenmechanische Tunneleffekt erlaubt, dass Atome, im Wesentlichen die beiden leichtesten, Wasserstoff und Helium, verschmelzen und dabei Energie freisetzen. Dadurch entsteht das Licht der Sterne, und in gewaltigen Riesensternen entstehen bei Supernova-Explosionen alle anderen Elemente, aus denen die Planeten und das Leben bestehen.

Hier wurde Leschs Vortrag ernster. Durch das Licht und die Fotosynthese entsteht das Leben, etwas ganz Neues, „eine sich selbst erhaltende, dauerhafte Struktur“. Dieses Leben habe irgendwann aus dem Wasser an Land expandiert, habe durch den Sauerstoff, den es ausstoße, die Ozonschicht der Erde geschaffen, „eine Schutzschicht, die das Leben selbst produziert hat“. Und schließlich, seit kurzen 500 000 Jahren oder etwas mehr, existiere der Mensch, „die erste Spezies, die in der Lage ist, die Zukunft zu ruinieren“, indem sie zum Beispiel Kohle verbrenne, statt konsequent die Sonnenenergie (Fotovoltaik, Wind, Wasserkraft) zu nutzen.

Wissenschaft und Forschung, so Lesch, beantworteten andauernd Fragen, und jede Antwort enthalte wieder neue Fragen. „Das ist das Licht der Welt. Wir sollten dafür sorgen, dass es nicht ausgeht.“