Weniger ist mehr: Anita Kupsch besticht in der Komödie im Marquardt in „Harold und Maude“.

Stuttgart - ie schrullige Alte gehört zum Bestand des Theaters und des Films. Eine der zauberhaftesten ist diejenige aus Hal Ashbys „Harold und Maude“ von 1971. Das Drehbuch hat Colin Higgins geschrieben. Manfred Langner, der Intendant der Schauspielbühnen in Stuttgart, hat es bearbeitet und selbst Regie geführt. Das Stück handelt von der Liebe zwischen dem achtzehnjährigen nekrophilen Harold, der gerne makabren Späßchen macht, und der achtzigjährigen Maude. Sie personifiziert wie Bertolt Brechts „unwürdige Greisin“ ein Lob der Anarchie, des Rechts auf ein lustvolles Leben, auch im Alter.

 

Sehenswert ist die Inszenierung wegen Anita Kupsch als Maude. Sie verleiht der Figur eine Mischung aus Naivität und Schlitzohrigkeit und wirkt wie ein Fels in der Brandung des Boulevards. Johannes Hallervorden, der tatsächlich achtzehnjährige Sohn des berühmten Komikers Dieter Hallervorden, agiert zu hölzern, um ihr als Gegenüber gewachsen zu sein. Die übrigen Darsteller lassen jene Szene, in der Schmierenschauspieler parodiert werden, auf verräterische Weise wie ein Selbstporträt erscheinen. Von Anita Kupsch hätten sie lernen können, dass weniger mehr ist. Sie verzichtet auf exzessive Gestik und rettet mit ihrer unpathetischen Sprechweise auch poetische Passagen vor dem Kitsch.

Das dankbare Premierenpublikum lacht vernehmlich.

Über Humor lässt sich noch weniger streiten als über Geschmack. Die einen finden falsche Zähne komisch, andere zerkugeln sich über stotternde Comedians, wieder andere tun es nicht unter den Marx Brothers. Das dankbare Premierenpublikum lachte vernehmlich über Dialoge wie diesen: „Früher hat er fürs Fernsehen gearbeitet – er hat Dachantennen montiert“, und quittierte die Darstellung einer watschelnden Robbe mit Sonderapplaus. Da kann der Kritiker nur verstummen.

„Harold und Maude“ ist eine Koproduktion der Komödie im Marquardt mit dem Berliner Schlosspark Theater. Dessen Hausherr ist Dieter Hallervorden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.