So einfach ist es gar nicht, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen: Die Plasberg-Runde über Trump, Merkel und die Afrikaner der Kölner Domplatte.

Stuttgart - Oh, Du fröhliche! Es naht die Zeit der Jahresrückblicke. Da ist auch Frank Plasberg nicht davor gefeit, der am Montagabend in „Hart aber fair“ die Helden und Schurken von 2016 Revue passieren ließ: von Trump über Merkel bis hin zu den Afrikanern der Kölner Domplatte. Es war so etwas wie ein Dämmerschoppen (sehr fair, aber nicht hart) mit alten Plasberg-Bekannten: Von Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer über Polit-Kabarettist Serdar Somuncu bis hin zu CSU-Urgestein Edmund Stoiber.

 

Die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymeier allerdings war neu in der Runde, sie ist ja auch noch gar nicht lange im Amt. Und wenn sich die „Schwertgosch“ von der Alb weiterhin so tapfer schlägt (sie war auch schon bei Anne Will), wird sie in Hamburg und Berlin bald zu einer festen Größe. Das Thema Flüchtlinge, das natürlich auch bei Plasberg ganz oben stand, geht ihr allmählich auf den Senkel: „Die Leute, die AfD wählen, haben auch noch ein paar andere Sorgen“, sagte sie und plädierte dafür, sich weniger um die Burka und mehr um Wohnungsmangel zu kümmern: „Es geht um die soziale Frage, wenn wir die nicht klären, wird’s bitter“, sagte die frühere Verdi-Landeschefin. Das Wort Flüchtlinge nahm sie denn auch gar nicht mehr in den Mund, sie sprach konsequent von „Geflüchteten“.

SPD profitiert von Trump

Wer ist für sie also ein Schurke? Trump doch sicher, oder? „Seit seiner Wahl haben wir Zuwächse bei den Mitgliedern, in Baden-Württemberg 200 neue“, sagte sie knitz lächelnd. Weil viele Leute einfach sagten, nun müsse man politisch Farbe bekennen. Und die Männer von der Domplatte? Natürlich sind das Schurken für sie, aber die Diskussion habe auch abgelenkt von der Frage, wie es um die alltägliche Gewalt gegen Frauen in Deutschland gehe. So einfach ist das also nicht mit dem Zeigefinger – bekanntlich zeigen bei dieser Geste ja immer drei Finger auf einen selbst.

So sah das auch Alice Schwarzer, die das Begrapschen und Beklauen von 662 Frauen in der Silvesternacht zwar als „Terror“ brandmarkte. Gleichzeitig befand sie, dass die Politik versagt habe, weil sie die enormen Probleme dieser Menschen aus einem völlig anderen Kulturkreis naiverweise ausgeblendet habe: „Für mich ist selbstverständlich, dass wir denen helfen, aber die Menschen hätten auch wissen müssen, dass wir mit denen Probleme kriegen.“ Und dann fiel ein Kernsatz des Abends: „Man hätte schneller die Wahrheit sagen müssen.“ Zum Beispiel die, dass unter den Flüchtlingen auch Terroristen sein können.

„Rechtsstaat ist Rechtsstaat“

Das unterschrieb natürlich auch der CSU-Ehrenvorsitzende. „Man wollte die Vorgänge verschweigen“, rekapitulierte Stoiber das anfängliche Zögern der Kölner Polizei, Ross und Reiter zu nennen: „Das Schlimmste ist, dass jetzt 40 Prozent der Bürger meinen, dass sie nicht mehr richtig informiert werden.“ Streckenweise mutierte die Sendung zum Stoiber-Festival, denn der Christsoziale durfte minutenlang wiederholen, was Merkel in der Flüchtlingspolitik seiner Ansicht nach falsch gemacht hat. Merkel, die Schurkin? So weit ging er natürlich nicht. Denn die Kanzlerin habe doch mehrfach gesagt: Die Vorgänge von 2015 dürften sich nicht wiederholen.

Je näher die Wahl rücke, desto mehr erweckten CDU und CSU den Eindruck, als sei alles in Butter, bemerkte süffisant der ehemalige Leiter des Brüsseler ARD-Studios, Rolf-Dieter Krause. Er hat die Terroranschläge von Brüssel (ja, auch die sind 2016 passiert) aus nächster Nähe mitbekommen und sagte: „Das waren keine Flüchtlinge, sondern Menschen, die in Belgien groß geworden sind.“ Deutschland müsse jedenfalls wissen, wer seine Grenzen überschreite, forderte Krause. Und wer keinen Asylgrund habe, müsse wieder nach Hause: „Rechtsstaat ist Rechtsstaat.“ So wie etwa die Marokkaner, die keinen Fluchtgrund hätten.

Soll jeder kommen?

Der Kabarettist Serdar Somuncu, der auch Kanzlerkandidat der „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ ist, nannte das allerdings „westliche Arroganz“. Wohlstand und Freiheit wollten doch alle Menschen haben, Wohlstandszuwanderer seien eben eine Begleiterscheinung der Globalisierung. Da war aber plötzlich Somuncu der Schurke. Schwarzer: „Man kann doch nicht sagen: Wer kommen will, soll kommen!“ Und Stoiber fiel ihr argumentativ um den Hals: „Der Wunsch nach einem besseren Leben reicht nicht, um zu uns zu kommen.“