Die Politik verliert die Geduld mit Online-Plattformen, die zu wenig gegen die Löschung von Hassbotschaften im Netz unternehmen. Leitantrag für den CDU-Parteitag greift das Thema auf.

Berlin - Facebook zeigt sich weiter unbeeindruckt von der wachsenden Kritik, nicht genug gegen die Verbreitung von Hass und Lügen im Netz, sogenannter „hate speech“, zu unternehmen. Die deutsche Politik scheint sich das nicht länger gefallen lassen zu wollen.

 

Wie von unserer Zeitung berichtet ermittelt die Münchener Staatsanwaltschaft gegen Facebook. Hintergrund sind Strafanzeigen des Würzburger Rechtsanwalts Chan-jo Jun gegen inzwischen zehn Manager und Teamleiter des Facebook-Konzerns, weil mehr als 400 als rechtswidrig angezeigte Inhalte trotz Meldung nicht entfernt worden seien. In einer Stellungnahme gegenüber Jun, die unserer Zeitung vorliegt, wechselt der Konzern nun seine bisherige Argumentationsstrategie. Während bisher oft darauf hingewiesen wurde, dass die Sprachbarriere und kulturelle Unterschiede das rasche Erkennen von hate speech erschwere, scheint sich Facebook-Position nun zu verhärten. In einem Schreiben der amerikanischen Großkanzlei „White&Case“ im Auftrag von Facebook Ireland Limited heißt es: „Ganz überwiegend wurden die von Ihnen gemeldeten Links entweder zügig von unserer Mandantin Facebook Ireland entfernt oder waren von Anfang an nicht funktionsfähig oder zügänglich. Die anderen von Ihnen gemeldeten Links bezogen sich auf Inhalte, die auf Grundlage des geltenden Rechts nicht entfernt werden müssen.“ Jun interpretiert das so: „Facebook hat es offenbar aufgegeben, seinen Prozess zu verbessern und erklärt das Problem schlicht für erledigt. Juristen nennen das ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung.“

Die deutsche Politik verschärft den Druck. In einem Beitrag für eine Sonntagszeitung sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder. „An Rechtsverschärfungen wird kein Weg vorbeigehen.“ Zuvor hatte auch Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, signalisiert, dass die SPD bereit sei, Bußgelder gegen Online-Plattformen zu verhängen, die ihres Pflicht zur Löschung von Hass trnsportierenden Inhalten nicht nachkommen. Auch der gestern verabschiedete Leitantrag der CDU für den Essener Bundesparteitag im Dezember nimmt diese Foderung auf. Darin heißt es: „Eine Enthemmung der Sprache, die Verbreitung von Hass und Aufrufe zur Gewalt erfüllen viele Menschen mit Sorge. Persönlichkeitsverletzende oder strafbare Kommentare müssen auf Verlangen von den Anbietern der Kommunikationsplattformen gelöscht und strafrechtlich verfolgt werden können. Für uns gilt: Wir wollen, dass hinter jeder Meinung ein Mensch steht und keine Maschine.“

Bundesjustizminister Heiko Maas hatte angekündigt, bis März 2017 abzuwarten, ob Konzerne wie Facebook oder Twitter ihre Praxis ändern und dringt auf eine Lösung auf der Ebene der Europäischen Union.