Baden-Württembergs Agrarminister holt sich in Neuseeland Anregungen für Marketing und Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft.

Wellington/Stuttgart - Neuseeland ist siebenmal so groß wie Baden-Württemberg, hat aber nur halb so viele Einwohner. Kann man die Landwirtschaft des Inselstaats mit seinen riesigen Farmen überhaupt vergleichen mit dem kleinteiligen Südwestdeutschland? Agrarminister Peter Hauk meint Ja und will sich sogar das eine oder andere abschauen. Deshalb ist er gerade an der Spitze einer kleinen Delegation auf Informationstour im Land der Kiwis und besucht noch bis Samstag Weingüter, Fleischfabriken und Milchverarbeiter. „Wenn Politiker nach Kalifornien pilgern, um von der Digitalisierung im Silicon Valley zu lernen, dann müssen sie auch nach Neuseeland, um dessen hocheffiziente Landwirtschaft zu studieren“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag unserer Zeitung und kündigte an: „Wir werden das eine oder andere kopieren.“

 

Beeindruckt hat Hauk unter anderem, wie die Insulaner mit „Marketing vom Feinsten“ zu einem Exportriesen von Agrarprodukten für China, Amerika und Europa geworden sind. Und das alles ohne nennenswerte Subventionen. So hätten etwa die Winzer frühzeitig die Sommeliers dieser Welt zu sich eingeladen, an der Spitze „Weinpapst“ Robert Parker, um so für wenig Geld die Multiplikatoren für sich zu gewinnen. Das habe etwa dazu geführt, dass der neuseeländische Pinot Noir mittlerweile Weltgeltung habe, sagt Hauk – obwohl der badische Spätburgunder qualitativ auch nicht schlechter sei, aber im Ruf noch Potenzial nach oben habe. Auch die Bloggerszene im Internet nutzten die Winzer für ihre Zwecke. Der mitgereiste Joachim Heger vom gleichnamigen Weinhaus am Kaiserstuhl erkenne das neidlos an, sagt Hauk.

Die Folgen des Klimawandels

In Schäfereien hat der Minister aus Stuttgart wiederum gelernt, wie gezielte Zucht die Tiere größer und damit wirtschaftlicher macht, was den Betrieben eine Verringerung der Zahl der Tiere erlaubt, was wiederum die klimaschädlichen Emissionen eindämmt. „Wir haben einen tollen regionalen Markt, aber auch hohe Kosten“, sagt der Agrarminister. Die Delegation, der auch der Präsident des Deutschen und des Europäischen Bauernverbands, Joachim Rukwied, angehört, habe viele Hinweise erhalten, die man auch für die eigene Regionalkampagne nutzen könne.

Eins zu eins übertragen ließen sich die Methoden allerdings nicht, betont der Agrarminister, und es sei auch in Neuseeland keineswegs alles Gold, was glänzt. So sei die Überdüngung der Weiden ein Problem, und beim Forst ließen sich die Verhältnisse ohnehin nicht vergleichen: Neben den unberührten Wäldern gebe es eine Plantagenwirtschaft, bei der große Flächen aufgeforstet und später ratzekahl gerodet würden. Auch eine gewachsene Kulturlandschaft, deren Teil die Bauern sind, suche man in Neuseeland vergeblich. Dennoch registrierte Hauk, der in Wellington auch mit seinem neuen neuseeländischen Amtskollegen Damien O’ Connor (Labour) gesprochen hat, ein wachsendes Umweltbewusstsein. Vor allem der Klimawandel mit seinen einschneidenden Folgen für die Inselwelt im Südpazifik spiele in der öffentlichen Diskussion eine herausragende Rolle.

AfD fragt nach dem Zweck der Reise

Auch der Biolandbau spielt Hauk zufolge eine wachsende Rolle – vor allem beim Wein. „Auffällig ist allerdings der nüchterne, unideologische Umgang damit“, sagt der CDU-Mann. Öko sei eben ein Marktsegment, mehr nicht. Bei allen Anregungen für Marketing und Effizienzsteigerung – ein nennenswerter Absatzmarkt für südwestdeutsche Agrarprodukte kann Neuseeland kaum werden. Schließlich produzieren die dortigen Farmer so gut wie nicht für den marginalen Inlandsmarkt, sondern für 50 bis 60 Millionen Menschen im Ausland. Dennoch steht Hauk hinter der Brüsseler Entscheidung, ein Freihandelsabkommen mit Neuseeland zu schließen: „Man darf das nicht blauäugig angehen, denn Freihandel bedeutet Wettbewerb, aber am Ende wird ein solches Abkommen Vorteile bieten.“

Die AfD im Landtag meldet daran allerdings noch erhebliche Zweifel an. Sie erwartet sich von einem Freihandelsabkommen eine stärkeren Konkurrenzdruck auf die heimische Landwirtschaft, letztlich also einen Schaden für die Landwirte. In einem Parlamentsantrag hat sie Hauks Reise deshalb „erklärungsbedürftig“ genannt – auch mit Blick auf die Kosten, die Hauk für das Ministerium mit 26 000 Euro angibt. Die externen Teilnehmer kommen für ihre Ausgaben selbst auf.