Der frühere Porsche-Manager Gerd Mäuser ist neuer Präsident des VfB Stuttgart. Die Versammlung verlief turbulent.

Stuttgart - Der frühere Porsche-Manager Gerd Mäuser ist neuer Präsident des VfB Stuttgart. Der 53-Jährige wurde am Sonntagabend bei der Mitgliederversammlung des Fußball-Bundesligisten zum Nachfolger von Erwin Staudt gewählt. Die Mitglieder hatten zuvor Oppositions-Kandidaten wie dem ehemaligen VfB-Torwart Helmut Roleder und dem Bankmanager Björn Seemann den Weg auf den Präsidenten-Stuhl verbaut. Sie lehnten einen Antrag auf Änderung der Vereinssatzung ab, der zum Ziel hatte, mehr als einen Kandidaten zur Wahl zuzulassen. So stand nur der vom Aufsichtsrat vorgeschlagene Mäuser zur Abstimmung. Er erhielt die nötige einfache Mehrheit von 58,7 Prozent der Stimmen.

 

Sie hatten sich beim VfB also auf eine lange und turbulente Versammlung eingestellt an diesem Tag, an dem ein neuer Präsident gewählt werden sollte. Zu Beginn um zwölf sind exakt 2664 Mitglieder in die Schleyerhalle gekommen, später werden es noch ein paar mehr - "das ist die höchste Zahl einer VfB-Hauptversammlung in der Geschichte der Menschheit", sagt der scheidende Präsident Erwin Staudt. Das ist aber auch etwas weniger, als im Vorfeld erwartet worden war. Angesichts der zuletzt stürmischen Diskussionen über das Präsidentenamt war mit bis zu 4000 Mitgliedern gerechnet worden.

Donnernder Beifall für Erwin Staudt

Die Versammlung nimmt denn auch zunächst einen recht harmonischen Verlauf. Donnernden Beifall bekommt Erwin Staudt, als er auf seine acht Jahre als VfB-Präsident zurückblickt. "Diese Zeit hat die Marke VfB geprägt wie lange nicht", sagt der 63-Jährige und verweist auf die vielen internationalen Teilnahmen des Bundesligisten, das neue Stadion und die positive finanzielle Entwicklung während seiner Amtszeit: "Das ist eine Erfolgsstory, um die uns viele andere Clubs beneiden. Wir haben unsere Ziele nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt", sagt Staudt - und wird von Fans und Mitgliedern ausgiebig gefeiert.

Dem Manager Fredi Bobic überlässt es Staudt, die Mitglieder anschließend auf die Wahl von Gerd Mäuser einzuschwören, den der VfB-Aufsichtsrat als einzigen Kandidaten auserkoren hat. Ohne deren Namen zu nennen, greift Bobic vehement den früheren Torhüter Helmut Roleder, den Bankmanager Björn Seemann und den ehemaligen VfB-Geschäftsführer Thomas Weyhing an, die Ambitionen geäußert haben, Präsident werden zu wollen. "Unfassbar" findet es Bobic, was sich zuletzt abgespielt habe und warnt vor "einer feindlichen Übernahme durch irgendwelche Traumtänzer, die den Verein in ein paar Monaten gegen die Wand fahren würden". Es könne nicht sein, dass mit Aktionismus alles eingerissen werde - "mit Aktionismus", sagt Bobic, "wären wir jetzt in der zweiten Liga". 

Pfiffe bei Aufsichtsratchef Dieter Hundt

Erster größerer Unmut unter den Mitgliedern regt sich dann erwartungsgemäß beim Auftritt von Dieter Hundt. Der Aufsichtsratschef, bei vielen Fans eine Reizfigur, wird bei seiner Rede mit teils kräftigen Pfiffen bedacht. Daran ändert auch die Ankündigung nichts, "dass sich eine Saison wie die vergangene unter keinen Umständen wiederholen darf". Energisch beteuert Hundt auch noch einmal, sich nie ins operative Geschäft eingemischt zu haben, und findet "derartige Vorwürfe unverständlich und inakzeptabel". Und Pfiffe gibt es auch, als Hundt darauf verweist, dass Mäuser "zweifelsfrei die beste Lösung für unseren Verein" sei und den anderen Bewerbern "haushoch überlegen". Und so wünscht sich der Aufsichtsratschef, "ein eindeutiges Votum für Mäuser, damit der VfB nicht in ein gefährliches Fahrwasser gerät". 

Dass das Votum wohl nicht so eindeutig werden würde, zeigt sich bei der anschließenden Aussprache, in der viele Vereinsmitglieder das Wort ergreifen. Mit teils scharfen Worten machen sie ihrem Ärger Luft - über die sportliche Entwicklung in den vergangenen drei Jahren und über die aus ihrer Sicht fehlende Demokratie im Verein. "Sie verhalten sich wie ein Diktator in China", ruft Marcus Christen von der Veranstaltungsgesellschaft InStuttgart Dieter Hundt zu. Und auch der Präsidentschaftsbewerber Björn Seemann ergreift das Wort und berichtet von seinem Bewerbungsgespräch im Aufsichtsrat vor einigen Wochen: "Da wurde mir klar, dass die niemanden in ihren Verein reinlassen wollen."

Jürgen Sundermann dagegen, der frühere Meistertrainer des VfB, wirft sich im Sinne der jetzigen Clubführung ins Gefecht: "Herzlichen Glückwunsch", sagt er, "ich kann den Präsidenten und den Aufsichtsrat nur loben." 

Sprüche aus der Versammlung

„Sie sehen, die Garde stellt sich auch schwierigen gesellschaftspolitischen Aufgaben.“ (Der scheidende Präsident Erwin Staudt über die VfB-Seniorenabteilung und ihre Aktivitäten, zu denen im vergangenen Jahr der Besuch eines Konzerts von Andrea Berg gehört hat)

„Immer wenn ich zum Mikrofon greife, kommt ein Stück weit Bewegung in die Halle.“ (VfB-Vorstandsmitglied Ulrich Ruf, dessen Rede zur finanziellen Situation des Vereins viele Mitglieder zu einer Toiletten- oder Rauchpause nutzten)

„Die VfB-Mitarbeiter brauchen nicht extra einen Stresstest, sie bestehen ihn jeden Tag.“ (Erwin Staudt)

„Bruddeln ist bei uns in Schwaben eine Tradition. Darauf können wir auch stolz sein. Doch bruddeln sollte man immer mit Augenmaß.“ (Manager Fredi Bobic in Richtung der unzufriedenen Mitglieder)

„Ich verwarne Sie ..., ich meinte natürlich: ich weise Sie darauf hin. Oje, dieser Versprecher wird sicher in die Banalen eingehen.“ (Erwin Staudt gegenüber den Mitgliedern zum Abstimmungsmodus bei den Wahlen)

„Viel Spaß und macht nicht so lange. Ihr habt doch sicher etwas Besseres zu tun, als sonntags ewig in der Schleyerhalle zu sitzen.“ (Trainer Bruno Labbadia via Videoeinspielung aus dem Trainingslager in Österreich)

„Auch weiterhin gilt: mein Herz schlägt rot.“ (Erwin Staudt )

„Nachdem ich immer wieder höre, dass Pfiffe eine freundliche Form der Begrüßung sind, bedanke ich mich ganz herzlich.“ (VfB-Aufsichtsratschef Dieter Hundt zu Beginn seiner Rede)

„Und jetzt danke ich Ihnen ganz herzlich für Ihre Geduld.“ (Ulrich Ruf am Ende seiner Rede) 

Hier geht es zum aktualisierten Artikel zur VfB-Hauptversammlung.