Förderschüler aus der Haldenrainschule lernen im Kinder- und Jugendhaus, wie sie sich entspannen und besser konzentrieren können. Das wirkt sich auch positiv auf Verhalten und Leistung im Unterricht aus.

Zuffenhausen - Im großen Saal des Kinder- und Jugendhauses ist es mucksmäuschenstill. Ein Dutzend Kinder liegt auf dem Rücken, die Mädchen und Buben haben die Augen geschlossen. Durchbrochen wird die Stille von einer Stimme: „Stell dir vor, du bist ein Baum. Spüre deine Wurzeln, sie geben dir Halt. Dein Stamm ist stark. Äste und Blätter wachsen dem Himmel entgegen.“ Waren die Kinder, die aus der Klassenstufe vier und fünf der Haldenrainschule kommen, vor wenigen Minuten noch unruhig und aufgeregt, so sind sie jetzt konzentriert und auf die Worte der Therapeutin Eva Maria Natzke fixiert.

 

Seit zwei Jahren kommen Mädchen und Buben aus der Förderschule regelmäßig ins Kinder- und Jugendhaus, um an dem Entspannungskurs von Natzke teilzunehmen. Dass die Übungen den Schülern, die an Lern- und Konzentrationsschwäche leiden, soziokulturell benachteiligt sind oder aus bildungsfernen Familien stammen, etwas bringen, daran hat die Klassenlehrerin Lisa Stegmeier keinen Zweifel: „Für uns ist der Kurs Gold wert.“ Zwar habe zum Start am Schuljahresbeginn Chaos geherrscht, mittlerweile habe sich aber alles bestens eingespielt. „Die Kinder haben eine tolle Entwicklung gemacht“, sagt Stegmeier. Ein mal pro Woche finden die Entspannungsübungen statt, die an Yoga angelehnt sind. Für die Kinder sind sie zum Ritual geworden. Hier würden Dinge wie Konzentration, Motivation, Ausdauer und Selbstvertrauen vermittelt, was sich positiv auf das Verhalten und die Leistungen im Unterricht auswirke, so erzählt die Lehrerin. Dazu komme noch die körperliche Bewegung, an denen es einigen Schülern von Hause aus mangele.

Der Kurs macht den Kindern eine Menge Spaß

Natürlich muss der Kurs den Kindern auch Spaß machen. Und das tut er. „Den ‚Baum’ mache ich gerne, da ist alles so schön ruhig“, erzählt der neunjährige Michele. Für seinen Klassenkameraden Marvin sind die Übungen neben Fußball und Schwimmen eine seiner liebsten Beschäftigungen. „Danach fühle ich mich so richtig fit“, sagt er. Ganz konkret wird der neunjährige Rami: „Manchmal tut mir der Rücken weh, nach dem Yoga ist es besser.“ Die gleichaltrige Mirna wiederum berichtet, dass sie manche der Übungen daheim in ihrem Zimmer mache und sich danach besser konzentrieren könne.

Dass die Kinder einige der Übungen in ihrer Freizeit auch von sich aus absolvieren, ist eines der Ziele von Eva Maria Natzke. Nur so stelle sich eine nachhaltige Wirkung ein. Vielen jungen Menschen fehle durch ständige Reizüberflutung die Fähigkeit, klare Gedanken zu fassen. „Pass’ doch mal auf und konzentrier’ dich“, diesen Satz bekämen sie immer wieder von Erwachsenen zu hören. Wie das überhaupt gehe, werde ihnen hingegen so gut wie gar nicht vermittelt. Wohl auch deshalb, weil nicht wenige Erwachsene diese Fähigkeiten selbst kaum mehr vernünftig beherrschen. Natzke, Kooperationsmanagerin für Jugend und Schule am Haus 11, hat jahrzehntelange Erfahrung als Therapeutin, Pädagogin und in der Arbeit mit jungen Menschen. Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung von Kindern sei es, in sich hineinzuhören, abzuschalten und ein eigenes Körpergefühl zu entwickeln. Manchmal, so erzählt sie, bringe alles Reden und Lamentieren nichts, es helfe nur „hinlegen und entspannen“.