In wenigen Wochen werden Oberbürgermeistr Fritz Kuhn und Michael Föll ihren Entwurf für den Doppeletat vorlegen. Die Klausur ist nach StZ-Infos wenig harmonisch verlaufen.

Stuttgart - Ende September werden OB Fritz Kuhn (Grüne) und Kämmerer Michael Föll (CDU) ihren Entwurf für den Doppelhaushalt 2016/2017 vorlegen. Die Klausur, in der Erhöhungen der Ämteretats, neue Vorhaben und der Personalbedarf beschlossen wurden, ist nach StZ-Informationen aber wenig harmonisch verlaufen. Neben den Budgetvereinbarungen mit den Bürgermeistern wird der Etatentwurf von der „Grünen Liste“ geprägt, die alle Sonderwünsche der Verwaltung erhält und Vorbelastungen etwa für Flüchtlingsunterkünfte und Mehrkosten für den Neubau der Rathausgarage im Umfang von 320 Millionen Euro.

 

Programm Schulsanierung läuft weiter

Über die Klausur heißt es, Kuhn solle in erster Linie seine Vorhaben - nachhaltige Mobilität, Kultur, Stadt am Fluss, Wohnungsbau – priorisiert haben, während ihn die Sorgen und Nöte seiner Fachreferenten, deren Ämter weiter auf Personal- und Sachverschleiß fahren - eher weniger belastet hätten. Der Kämmerer sei in erster Linie daran interessiert gewesen, alle Forderungen zurückzuweisen.

„Die vier Stunden hätten wir uns glatt sparen können“, hieß es aus der Runde, die vor zwei Jahren gegründet wurde, um die Experten-Priorisierungen zu erörtern. Um jeden Euro müsse man kämpfen, hieß es. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) soll gar mit der Schließung von Bürgerbüros gedroht haben, um fünf Stellen zu ergattern. Kuhn hat das wohl als „Erpressung“ interpretiert. Am schlechtesten soll wieder der Sozialbereich weggekommen sein. Die Kultur profitierte, unter anderem gibt es Geld für die Wagenhallensanierung, die jetzt aber fast zur Hälfte vom Staat bezuschusst werden könnte. Die Stadt wird die Programme zur Schulsanierung, zum Ausbau der Ganztagsschulen und Kitas weiter führen. Kuhns Restprogramm wird den Gemeinderat nicht zufrieden stellen, zumal im nächsten Jahr Wahlen anstehen und sich die Fraktionen erfahrungsgemäß darin gefallen, mit wechselnden Mehrheiten ihre Wünsche durchzusetzen. 486 Haushaltsanträge gab es vor zwei Jahren.

Umstiegshilfe für Taxifahrer?

Die Erwartungen werden am 22. Oktober formuliert, bevor es in die Lesungen geht. Die dritte und letzte findet am 18. Dezember statt. Vor allem die Grünen-Fraktion wird gefordert sein: Sie muss ohne ihren Haushaltsexperten Peter Pätzold, der jetzt auf der Bürgermeisterbank sitzt, am Verhandlungstisch die Mehrheiten für die Wünsche ihres OB organisieren. Gemeinsam wird allen Fraktionen sein, Notwendiges zu finanzieren, das Kuhn übersehen hat: etwa die Unterstützung für das Olgahospital, die Sanierung von Sportplätzen und die Schaffung zusätzlicher Stellen.

Gleich mehrere Vorhaben dürften aus politischen Gründen Diskussionen auslösen: So sieht es Kuhn als öffentliche Aufgabe an, Taxifahrern bei Umstieg auf E-Antriebe finanziell unter die Arme zu greifen. Ein Mitnahmeeffekt wird befürchtet, dafür sollen 200 000 Euro reserviert werden. Merkwürdig mutet die Folgeunterstützung fürs Internationale Tanzfestival an. Ein Brief des viel gepriesenen Eric Gauthier soll ausgereicht haben, die Förderung mit 350 000 Euro mehr als zu verdoppeln. Auch die Kulturregion, ohnehin schon von der Stadt subventioniert, erhält 120 000 Euro für ein Lichtkunstfestival.

Auffallend ist, dass laut Budgetplanung diese Veranstaltungen von der Fachverwaltung gar nicht gefordert worden waren. Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) kann sich auch noch freuen, dass ihr Kampf gegen die Unterfinanzierung der Kultureinrichtungen unterstützt wird: mit zwei Millionen Euro bis 2020. Bisher wollten die Fraktionen davon jedoch nichts wissen.

3,6 Millionen Euro für den Radwegeausbau

Rund 500 neue Stellen sollen geschaffen werden, die meisten in den Bereichen Kita und Flüchtlingsbetreuung. Unnachgiebiger als je zuvor soll sich Kämmerer Michael Föll quer gestellt haben. Er warnt schon lange vor einer Unterfinanzierung des laufenden (Ergebnis)-Haushalts, ohne dass dies bisher geschehen ist. Ein in A 14 eingestufter Wohnungsbaumanager soll dafür sorgen, dass Bauanträge schneller durch die Instanzen laufen. Diese Personalie ist umstritten, weil Fachleute es für sinnvoller halten, das Baurechtsamt personell zu stärken - und weil sie direkt beim OB angesiedelt ist und den von Kuhns Vorgänger Schuster aufgeblähten Stabsstellenbereich weitet. Zusätzliche Stellen und Investitionen im Millionenbereich bekommt das Ordnungsamt, denn es muss sich um Kuhns Hauptthema der nachhaltigen Mobilität kümmern. Tempo 40 auf Steigungsstrecken wird eingeführt und die Verkehrsleitzentrale ausgebaut. Um den Feinstaub zu reduzieren, wird eine Wand an der B14 bemoost. Kosten: 225 000 Euro. Der Radwegeausbau wird forciert. Dieses Mal sind 3,6 Millionen Euro im Topf. Es fehlen dagegen zusätzliche Mittel für die Sanierung von Straßen. Dafür werden bis 2020 rund 1,5 Millionen Euro für die Stäffele ausgegeben. Seinen grünen Daumen zeigt Kuhn beim Programm „Neues Grün in der Stadt“. Es werden vermehrt Sträucher gepflanzt (zwei Millionen Euro). Beim Gartenbauamt fragt man sich nur, wer die Gewächse pflegen soll. Man sei unterbesetzt.

Kritisch beäugt wird seit Kuhns Amtsantritt der soziale Wohnungsbau. Bis zu 550 neue Einheiten wurden für 2013 prognostiziert, aber kaum eine wurde realisiert. Im nächsten Haushalt und den Jahren bis 2019 sind für 600 Sozialwohnungen sechs Millionen Euro eingestellt – 10 000 Euro pro Einheit hat der Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann aber schon in der Vergangenheit als um die Hälfte zu gering erachtet. Die wichtige Verlängerung von Mietpreisbindungen lässt sich die Stadt 1,25 Millionen Euro kosten, eine Viertelmillion weniger als vor zwei Jahren. 3,5 Millionen Euro sollen zudem bis 2018 Familien erhalten, die allein kein Wohneigentum erwerben könnten.