Der Stuttgarter Gemeinderat hat nach mehr als 80 Stunden Beratungen den Haushalt 2012/2013 beschlossen. Das Ergebnis: 288 Millionen Euro neue Schulden.

Stuttgart - Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend nach einem 85-stündigen Beratungsmarathon den Doppelhaushalt für die Jahre 2012 und 2013 mit einer breiten Mehrheit gefasst. 48 Stadträte von Grünen, CDU, SPD, Freien Wählern, Ulrike Küstler (Linke) und der Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) stimmten für den Haushalt, elf Stadträte von Liberalen, SÖS/Linke und Rolf Schlierer (Rep) dagegen.

 

Anders als in den Beratungen kurz nach dem Machtwechsel 2009 haben sich die Fraktionen zusammengerauft. Der Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold bedankte sich „für die konstruktive Zusammenarbeit“ bei den Kollegen, der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz sah sich sogar veranlasst, Pätzold persönlich zu loben. Bernd Klingler (FDP) war das zu viel Harmonie. Seine Partei sei mit ihren Vorschlägen kaum durchgedrungen, kritisierte er. Und die Konkurrenz habe nicht genug auf das Geld geachtet habe. Der Haushalt sei „nicht liberal“.

Einnahmen von 520 Millionen Euro

Trotz der schwierigen Kassenlage bleibt die Gewerbesteuer unverändert bei 420 Punkten. Die Stadt erhofft sich nächstes Jahr Einnahmen in Höhe von 520 Millionen Euro und 2013 etwa 560 Millionen Euro. Steuern und allgemeine Zuweisungen sind in Höhe von 2,8 Milliarden Euro im Doppelhaushalt veranschlagt. In das Kontor schlägt jedoch das negative Ergebnis der LBBW, der Kämmerer Michael Föll (CDU) rechnet 2012/13 mit um 40 Millionen Euro geringeren Leistungen für die rund zwei Millionen Euro umfassende Beteiligung. Die Grundsteuer wurde nicht gesenkt, sie bleibt bei 520 Punkten. Erhöht wurden dagegen die Gebühren für die städtischen Kindertagesstätten. Bereits am Donnerstag war eine Erhöhung der Vergnügungssteuer beschlossen worden. Der OB Schuster sagte nach der zehnstündigen Sitzung, es werde in eine kinder- und jugendfreundliche Gesellschaft investiert. Dies verbessere die Zukunftsfähigkeit der Stadt und der jungen Bürger. Die Freude werde getrübt durch die hohe Neuverschuldung. Er hoffe, dass „die Konjunktur in den kommenden Jahren nicht in den Keller fährt“.

Kritischer Blick zurück

In ihren Reden zu Beginn der Sitzung hatten die Fraktionssprecher einen kritischen Blick zurückgeworfen, etwa auf den „fröhlichen Mittwoch“, an dem sie, ohne groß auf das Geld zu achten, so viele Beschlüsse fassten, dass sich das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde gezwungen gesehen hätte, diesem Haushalt die Genehmigung zu versagen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit sei aber auch jetzt noch „bis an die Grenzen ausgereizt“, und durch die steigenden Zins-und Tilgungslasten werde der Spielraum eingeschränkt, bilanzierte Föll.

Ihn hat die SPD-Fraktionsvorsitzende Roswitha Blind für „das Chaos“ nach der ersten Lesung verantwortlich gemacht. Er habe es versäumt, einen seriösen Entwurf mit allen bereits beschlossenen Investitionen vorzulegen, um danach den Eindruck zu erwecken, der Gemeinderat und speziell die SPD habe maßlos agiert.

Nicht alle Wünsche erfüllt

Der Kämmerer widersprach dem Vorwurf, die Verwaltung und die Politik hätten einen Sparhaushalt erarbeitet. Nicht eine Kürzung sei beschlossen worden, widersprach er Vertretern der Kultur; es seien nur nicht alle Wünsche erfüllt worden.

Der Finanzhaushalt sieht Investitionen von 476 Millionen Euro vor, davon 150 Millionen Euro für die Beteiligung am Erwerb der LBBW-Wohnungen. Zudem seien weitere 75 Millionen Euro für die Schulsanierung im Ergebnishaushalt verortet. Bis 2016 sind für die Sanierungen 254,8 Millionen Euro veranschlagt, für die Ausweitung der Grundschulbetreuung mittels Ganztagsschulen 132,4 Millionen Euro und für den Ausbau der Kindertagesbetreuung 248 Millionen Euro.

Investitionen im Bereich des Klinikums

Auch die Investitionen im Bereich des Klinikums (220,8 Millionen Euro) wurden in die Planung aufgenommen. Die Sozialleistungen steigen von 415,4 auf 561,3 Millionen Euro im nächsten Jahr und auf 558,5 Millionen Euro 2013.

Trotz aller Sparappelle kostete der Sitzungstag noch einmal rund acht Millionen Euro. Die Einnahmen reichen nicht annähernd aus, um die Ausgaben zu decken. Dafür bedarf es nach heutigem Stand einer Neuverschuldung von 288,1 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren. Ende 2013 würde der Schuldenstand 403,3 Millionen Euro betragen, Ende 2014 sogar 562,6 Millionen. Schuster rief deshalb zur Sparsamkeit auf.

Der CDU-Chef Kotz bemühte unterdessen das Prinzip Hoffnung, indem er auf den laufenden Etat verwies. Er enthält – allerdings bei höheren Investitionen – sogar eine Kreditermächtigung von 408 Millionen Euro, von der aber nur 100 Millionen Euro benötigt werden. Allerdings waren seit dem Jahr 1993 (1,146 Milliarden Euro) die Verbindlichkeiten in jedem Haushalt konsequent zurückgefahren worden.