Exklusiv Jedes Jahr sollen in Baden-Württemberg 20 neue Pflegestudienplätze eingerichtet werden. Das fordert die Grünen-Fraktion im Landtag. Dafür würden im Doppelhaushalt 2015/16 jeweils zwei Millionen Euro vorgesehen, sagte der hochschulpolitische Sprecher der Grünen der Stuttgarter Zeitung.

Stuttgart - Die Grünen machen Druck bei der Akademisierung der Gesundheitsberufe. Jedes Jahr sollen 20 neue Studienplätze für Pflegeberufe eingerichtet werden. Dafür würden im Doppelhaushalt 2015/16 jährlich zwei Millionen Euro bereitgestellt. Das sagte Kai Schmidt-Eisenlohr, der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, der Stuttgarter Zeitung. Das Wissenschafts- und das Sozialministerium seien einverstanden.

 

„Wir wollen ein klares Signal setzen“, erklärte Schmidt-Eisenlohr. Grüne und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass sie eine Akademisierung in der Pflege anstreben. Dabei wollen die Grünen den Empfehlungen des Wissenschaftsrates folgen, der eine Akademikerquote von zehn bis 20 Prozent anregt. Nach Erhebungen des Statistischen Landesamts besuchten im Ausbildungsjahr 2013/14 rund 23 300 Schüler die einschlägigen Berufsfachschulen im Südwesten. Mit fast 9000 rangiert die Altenpflege vor der Krankenpflege mit knapp 7500 Schülerinnen und Schülern.

Dem stehen laut Wissenschaftsministerium an den Hochschulen im Land rund 560 Studienanfängerplätze in den Bereichen Pflege und in den Therapieberufen gegenüber. Dabei überwiegt die Krankenpflege mit 473 Anfängerplätzen bei weitem. Doch bei der Physiotherapie, der Ergotherapie oder der Logopädie geht es nur langsam voran. 60 Studienplätze gibt es für Physiotherapeuten und nur 30 für Ergotherapeuten, für Logopäden gar keine, wie ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) erklärt.

„Doppelt so viele Plätze nötig wie heute“

Die Grünen wollen nun bei der Pflege schrittweise vorangehen. Kai Schmidt-Eisenlohr schätzt, „man bräuchte wohl doppelt so viele Studienplätze in der Pflege wie heute“. Doch die Interessenlagen sind unterschiedlich. Ärzte müssten Kompetenzen abgeben. Bisher liegt die Ausbildung der Fachkräfte ganz in der Hand der Fachschulen. Den Unterricht erteilen meist versierte Praktiker, die selbst nicht studiert haben. Die Koalition will folglich behutsam vorgehen. „Die Akademisierung muss einen fachlichen Grund haben“, betont Kai Schmidt-Eisenlohr. Manche Gründe liegen auf der Hand. Ganze pflegerische Felder wie etwa die Wundheilpflege seien nicht erforscht, sagt der Abgeordnete. Auch strebe man zunehmend die Bildung von interprofessionellen Teams an. Dabei könnten „reflektive Praktiker“ hilfreich sein. Auch die SPD-Fraktion ist nach Angaben eines Sprechers „generell dafür, einen kleinen Anteil zu akademisieren“. Noch sei man jedoch in Gesprächen.

Auch die Grünen basteln noch an einem Konzept besonders für die Therapeuten. Im Herbst wollen Gesundheits- und Hochschulpolitiker die nächsten Schritte tun. Viele Fragen sind offen. Sollten die Studiengänge zentral an die Universitätsmedizin angedockt werden, oder dezentral gestaltet werden? Die Fachschulen sollen und dürfen nicht außen vor bleiben, zumal gegenwärtig in den Gesundheits- und Pflegeberufen der Bachelor alleine nicht den Anforderungen aus dem Berufsgesetz entspricht.

Duale Hochschule meldet hohe Nachfrage

Für Baden-Württemberg zeichnet sich eher eine dezentrale Lösung ab. Die Duale Hochschule beispielsweise meldet eine erhöhte Nachfrage nach dualen Studienplätzen. Lörrach bietet ein Bachelorstudium für Physiotherapeuten an und kooperiert dabei mit den Physiotherapeutenschulen in Bad Säckingen und der Ortenau.

Heidenheim ist im Jahr 2012 mit drei gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen an den Start gegangen. Angehende Krankenschwestern oder Altenpflegerinnen, Physio- und Ergotherapeuten können ihre Ausbildung mit dem Studium „Interprofessionelle Gesundheitsversorgung“ kombinieren und nach vier Jahren den Bachelor ablegen. Der Studiengang „Angewandte Gesundheitswissenschaften“ wendet sich an Hebammen, Krankenschwestern und Kinderkrankenschwestern in der Ausbildung. „Medizinische Wissenschaften“ können medizinisch-technische Assistenten (MTA) mit ihrer Ausbildung kombinieren.

Christian Rieck, der Referent des Heidenheimer Rektors, berichtet von guter Auslastung, ein weiterer Ausbau sei an der DHBW Heidenheim geplant. Das hat auch Wissenschaftsministerin Bauer vor. Durch „gezielte Fördermaßnahmen“ solle die Akademisierung der Gesundheitsberufe vorangebracht werden, sagt sie. Für die nachhaltige Finanzierung warte man die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über den Hochschulpakt ab. Dem jährlichen Ausbau um 20 Pflegestudienplätze hat sie aber laut Schmidt-Eisenlohr bereits zugestimmt.