Der Konflikt um die Ballsporthalle lag drei Jahre auf Eis, jetzt droht er, wieder auszubrechen. Bei der Haushaltsverabschiedung laufen die Fraktionen sich warm – und kritisieren auch den Oberbürgermeister für ein Ehrenamt.

Bietigheim-Bissingen - Die Verabschiedung des Haushalts in Bietigheim-Bissingen, einer seit 2004 schuldenfreien Stadt, ist meist eine harmonische Veranstaltung. Die Fraktionsvorsitzenden halten ihre Reden, weiteren Diskussionsbedarf danach gibt es nicht. In der selben Sitzung werden die Anträge der Fraktionen pragmatisch en bloc und ebenso einstimmig beschlossen wie danach die Zustimmung zum Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung erfolgt. So war es auch dieses Mal – und dennoch schwelten an diesem Dienstagabend in der Alten Kelter zwei Konflikte, die beide den gleichen Ursprung haben: Das Verhältnis der Stadt zum Sport.

 

Da ist zum einen die seit drei Jahren ruhende Diskussion um eine neue Halle für die Handballer, die den Gemeinderat damals spaltete. Und da ist zum anderen das neue Amt des Oberbürgermeisters Jürgen Kessing (SPD) als Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). Mancher Stadtrat fragt sich, wie der OB das Ehrenamt neben seinem Hauptamt als Oberbürgermeister ausfüllen kann. Georg Mehrle, der Fraktionsvorsitzende der FDP, ist so ein Stadtrat. In seiner Haushaltsrede wählte er dramatische Worte: „Wir werden genau hinschauen und hinhören, solange Sie geräuschvoll umherschwirren und erst recht, falls Sie leise zu Boden fallen.“ Gleichzeitig räumte er ein, ein „Vetter im Olymp des deutschen Sports“ könne Bietigheim zum Austragungsort überregionaler Leichtathletikwettbewerbe machen. Mehrle stellte dabei den FDP-Antrag vor, das Ellental-Stadion zur Wettkampfstätte auszubauen, die für überregionale Veranstaltungen taugt. Eine Anspielung auf Kessings Alkoholfahrt im Sommer, verpackt in ein Luther-Zitat, konnte der Stadtrat sich am Ende nicht verkneifen: „Unser gnädigster Herr und Kurfürst ist ein großer, starker Herr, kann wohl einen guten Trunk ausstehen. Seine Notdurft machet einen anderen neben ihm trunken.“

Auch Thomas Wiesbauer, der CDU-Fraktionschef thematisierte Kessings DLV-Amt: Die Sportstadt Bietigheim-Bissingen habe Kessing in den vergangenen 14 Jahren viel gegeben. „Sicherlich war einiges dabei, um als DLV-Präsident nominiert und gewählt zu werden.“ Jetzt sei es an der Zeit, der Stadt und auch dem Sport in der Stadt etwas zurückzugeben.

Auch hier folgte ein Antrag – der einzige, den die CDU bei dieser Haushaltsdebatte einbrachte. Sekundiert wurde sie dabei von der SPD. Die Stadt, so also der gemeinsame Antrag, soll zusammen mit dem Sportverband und den Vereinen den Bedarf an Sportstätten ermitteln. Anhand von Daten wie etwa der Mitgliederzahl und dem jeweiligen Leistungsgrad des Vereins soll eine Prioritätenliste im Sportstättenbau erstellt werden, auf deren Grundlage der Gemeinderat entscheiden kann – und zwar möglichst vor dem dritten Quartal 2018.

Das Moratorium zur Ballsporthalle läuft aus

Dann nämlich läuft das dreijährige Moratorium zur Ballsporthalle aus. Die Diskussionen damals spalteten den Gemeinderat, weil immer weitere Wünsche die von den Erst- und Zweitliga-Handballern seit langem geforderte Spielstätte immer teurer werden ließen. Letztlich wurde das Problem vertagt. Handballspiele mit größerem Publikum, wie jüngst die Vorrundenspiele der Handball-WM der Frauen, müssen deshalb in der Ege Trans-Arena stattfinden, die eigentlich für Eishockey gedacht ist. Die Stadtverwaltung sagte die von CDU und SPD geforderten Untersuchungen zu. Darin eingeschlossen sein soll auch der Antrag der FDP zum Ellentalstadion.

Traute Theurer, die Fraktionschefin der Grünen, warnte, durch die Gespräche mit den Vereinen Begehrlichkeiten zu wecken und den Eindruck zu vermitteln, „dass mit einer Auflistung von Wünschen schon Ansprüche oder Zusagen verbunden sind“. Sie stellte fest, dass sich Bietigheim-Bissingen von einer Kunst- und Kulturstadt zu einer Sporthochburg entwickelt habe, und fragte kritisch: „Aber will sich die Stadt tatsächlich für die Olympischen Spiele 2032 bewerben?“

Der Oberbürgermeister Jürgen Kessing entgegnete im Anschluss: „Ich möchte den Sport nicht gegen die Kultur aufrechnen.“ Bietigheim-Bissingen könne sich mit beiden Attributen schmücken. Bezüglich der Spitzen gegen seine DLV-Präsidentschaft ließ sich Kessing nichts anmerken. Nur Mehrles Auslassungen erwiderte er scharf: „Sie haben hier fast einen Salto Mortale hingelegt: Von einer Rücktrittsforderung bis zum Ausbau des Stadions war alles dabei. Machen Sie weiter so, so unterstützen Sie das Ehrenamt!“