An der Hochschule der Medien wird ein chinesisches Konfuzius-Institut eingerichtet. Im Rektorat freut man sich darüber. Doch Kritiker warnen vor der Nähe der Einrichtung zur Regierung des kommunistischen Staats.

Stuttgart - Die Freude an der Hochschule der Medien (HdM) ist groß. Drei Jahre lang hatte sich der Rektor der renommierten Einrichtung in Stuttgart-Vaihingen, Alexander Roos, dafür eingesetzt, dass sich ein chinesisches Konfuzius-Institut an der Hochschule der Medien ansiedelt, lange vergeblich. Im August wurde dann der Vertrag zur Gründung eines solchen Kultur- und Sprachinstituts in der chinesischen Hauptstadt Peking unterzeichnet. Bereits im kommenden Frühjahr soll das Institut auf dem Campusgelände der HdM eröffnen.

 

Es wäre dann das dritte seiner Art in Baden-Württemberg. Deutscher Partner der HdM bei der Gründung des Instituts ist die Universität Hohenheim. Offenbar war es eine Voraussetzung des „Staatlichen Führungsgruppenbüros für die internationale Verbreitung der chinesischen Sprache“ (Hanban) aus Peking, dass die HdM mit einer anderen Hochschule im Verband auftritt. Hanban ist beim chinesischen Bildungsministerium angesiedelt und für die Leitung der Konfuzius-Institute im Ausland zuständig. Hanban bezeichnet sich zwar selbst als Nichtregierungsorganisation, dennoch sind zahlreiche chinesische Ministerien an Hanban beteiligt.

Die Kritik kommt von Menschenrechtsorganisationen

Genau deswegen entzündet sich in Deutschland immer wieder Kritik an den Konfuzius-Instituten. Sie wird besonders von Gruppen vorgetragen, die sich für das von China annektierte Tibet oder für die Menschenrechte in China engagieren. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) setzt sich sowohl für die Rechte der Tibeter als auch der muslimischen Uiguren in der chinesischen Unruheprovinz Xinjiang ein. Die Menschenrechtsorganisation hatte sich jüngst gegen die Eröffnung eines Konfuzius-Instituts an der Universität Göttingen gewandt und davor gewarnt, dass Konfuzius-Institute eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Wissenschaft in Deutschland darstellten.

Die GfbV bezog sich dabei allerdings auf die an der Universität Göttingen unterrichtete Fachrichtung Sinologie. Künftige Chinaexperten würden durch Konfuzius-Institute beeinflusst, die ein Chinabild vermittelten, das der chinesischen Führung genehm sei, lautete der Tenor der Kritik. An der HdM und der Universität Hohenheim wird Sinologie nicht gelehrt. Dennoch hält der Asienreferent der GfbV, Ulrich Delius, die Bemühungen der HdM um ein Konfuzius-Institut für bedenklich. „Ich finde es angesichts der Zensur in China kaum zu rechtfertigen, dass sich ausgerechnet eine Medienhochschule in Stuttgart um ein Konfuzius-Institut bemüht“, sagt Delius.

Prorektor weist die Bedenken zurück

Konfuzius-Institute würden in ihrer gesamten Arbeit mit der deutschen Öffentlichkeit ein ausgewähltes Verständnis der chinesischen Kultur vermitteln, das auf ihrer Andersartigkeit beruhe, sagt Delius. „Damit soll letztlich deutlich gemacht werden, warum die Dinge in China anderen Maßstäben folgen und warum das auch gut so ist“, sagt Ulrich Delius.

Andreas Pyka, Prorektor für Internationalisierung an der Universität Hohenheim, weist dagegen die Bedenken zurück, dass die chinesische Regierung die Darstellung Chinas an dem neuen Institut nach ihren Vorstellungen lenken wird. Er sehe das Konfuzius-Institut als Forum, das auch Platz biete für kritische Fragen, sagt er. Pyka sieht sogar Raum für Diskussionen über das Massaker chinesischer Sicherheitskräfte an Demonstranten auf dem Tiananmen-Platz im Juli 1989.

SPD-Frau Ute Kumpf hat sich für das Institut eingesetzt

Ohnehin bezweifelt Pyka, dass sich deutsche Akademiker von einer ausländischen Regierung leicht beeinflussen lassen könnten. „Ich denke, dass Menschen mit einer solchen Bildung in der Lage sind zu erkennen, wie ein gewisses Bild produziert wird“, sagt er.

Die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Kumpf hat sich im Vorfeld starkgemacht für ein Konfuzius-Institut in Stuttgart. Sie war bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 Mitglied der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe. Sie reagiert gereizt auf Kritik an den Konfuzius-Instituten und verweist auf die Ostpolitik Willy Brandts. Der Leitspruch „Wandel durch Annäherung“ sei immer noch die Leitlinie der SPD und gelte auch im Umgang mit China. Auch Ute Kumpf hält die Befürchtungen für übertrieben, dass China mit den Konfuzius-Instituten das Meinungsbild im Ausland beeinflussen könne. „Wir werden ja nicht blind dadurch“, sagt sie.

Kooperation mit der Hochschule für Druck in Peking

Die Universität Hohenheim und die HdM werden mit der Pekinger Hochschule für Druck zusammenarbeiten. Drei chinesische Mitarbeiter werden hauptsächlich in den Sprachkursen unterrichten und für die Sprachzertifikate zuständig sei. Die Geschäftsführerin des Instituts soll aber aus Deutschland kommen, sagt der Rektor der HdM. Eine weitere deutsche Mitarbeiterin soll sich zudem um Kurse für die deutsche Industrie kümmern.

Die Angebote für die Wirtschaft werden einen Schwerpunkt des Angebots bilden an dem neuen Stuttgarter Konfuzius-Institut. Mittelständische Unternehmen sollen dabei unterstützt werden, sich auf Geschäftskontakte mit Chinesen vorzubereiten, indem sie sich mit den kulturellen Gepflogenheiten Chinas vertraut machen können. Die Universität Hohenheim wird zudem künftig Graduierte der agrar- und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge auf das Konfuzius-Institut schicken, wenn sie eine weitere akademische Karriere in China planen. Sie können in dem Institut einen Chinesischkurs belegen oder sich mit der chinesischen Kultur vertraut machen. Geplant sind aber auch verschiedene Kulturveranstaltungen für die Öffentlichkeit.

Der Vergleich zum Goethe-Institut hinkt

Auf einer von der Universität Hohenheim und der HdM im Internet veröffentlichten Mitteilung wird das Konfuzius-Institut mit den deutschen Goethe-Instituten verglichen. Letztere sind als gemeinnütziger Verein eingetragen und als solcher eigenverantwortlich für den deutschen Staat tätig bei der Förderung deutscher Sprachkenntnisse im Ausland und der interkulturellen Zusammenarbeit. Doch auch Professor Pyka stimmt der Aussage nur bedingt zu, dass Konfuzius-Institute ein Pendant zu den deutschen Goethe-Instituten seien. „Natürlich wissen wir, dass Hanban ein Teil der chinesischen Regierung ist“, sagt er.