Studierende der Medienhochschule fordern eine günstigere Verpflegung. Der private Anbieter S-Bar sieht sein Alleinverköstigungsrecht von der Hochschule verletzt und droht mit Schadensersatzforderungen in fünfstelliger Höhe.

Stuttgart - Soljanka mit Paprika, Gurken und Reis für 4,90 Euro oder Karotten und Kartoffeln in Erdnusscreme mit Reis für 3,90 Euro? Das ist vielen Studierenden zu teuer. Um die Essensversorgung auf dem Vaihinger Campus ist Streit entbrannt. Seit die Fakultät Information und Kommunikation der Hochschule der Medien (HdM) mit rund tausend Studierenden 2014 von der Innenstadt in ihren Neubau an der Nobelstraße gezogen ist, sind in der privaten S-bar, die an der HdM seit 1998 das Essen bereitet, und in der benachbarten Unimensa die Schlangen an den Essensausgaben noch länger geworden.

 

Die Studierendenschaft der HdM ist so erbost über den Engpass, dass sie in einem Brief an die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) eine Prüfung des Pachtvertrages mit der S-bar fordert. Die Studierenden werfen dem Betreiber Udo Sanne vor, er komme seinem Versorgungsauftrag nicht ausreichend nach. Das Angebot sei einseitig und zu teuer, die Öffnungszeiten seien zu kurz.

Der Pächter droht mit Schadensersatzforderungen

Sanne weist dies teilweise zurück und pocht auf sein vertraglich garantiertes Alleinverköstigungsrecht. Doch die Hochschule der Medien habe ohne Genehmigung im Neubau Automaten eines Fremdanbieters mit günstigeren Produkten aufgestellt. Dadurch habe er Umsatzeinbußen erlitten, sagt Sanne. Deshalb habe er seinem Verpächter, dem Landesbetrieb Vermögen und Bau, Schadenersatzforderungen in fünfstelliger Höhe angedroht, berichtet Sanne.

Der Landesbetrieb, der dem Finanzministerium unterstellt ist, bestätigt, dass der Vertrag mit dem Pächter eine Konkurrenzschutzklausel enthalte. Diese gelte auch für den im Herbst 2014 bezogenen Neubau. Die Hochschule habe sich rechtswidrig verhalten und müsse somit für den Schaden aufkommen, sagte Hans-Martin Schönweiß, Referatsleiter für Immobilienmanagement bei Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Allerdings, so erklärte Schönweiß der StZ, wäre Sanne bei einer Verlängerung des Pachtvertrags bereit, auf Schadenersatz zu verzichten. Dies stimme nicht, sagt wiederum Sanne. Laut Schönweiß ist die Sache mit der Verlängerung „noch in der Schwebe: Die Hochschule darf entscheiden.“

Hochschule will „zufriedenstellende Versorgung“

Die Hochschule der Medien hingegen erklärt über ihre Pressesprecherin Kerstin Lauer, dass nicht die HdM über eine Verlängerung oder Ausschreibung von Pachtverträgen zu entscheiden habe. Ihr sei aber die „zufriedenstellende gastronomische Versorgung der Studierenden und der Mitarbeiter wichtig“. Sie unterstütze „alle Ideen, die in diese Richtung gehen“, versichert Lauer. Bezüglich der Automatenaufstellung im Neubau gebe es „unterschiedliche Rechtsauffassungen“. Die HdM teile „die Einschätzung der gravierenden Mängel in der sozialen Infrastruktur des Campus Vaihingen“, die die Studierenden in ihrem Schreiben an die Ministerin öffentlich machen. Zu Gesprächen mit Landesbehörden wolle sich die Hochschulleitung nicht äußern.

Auch das Studierendenwerk steht im Wettbewerb

Doch warum hat überhaupt die S-bar als privater Pächter den Zuschlag für die Essensversorgung von Studierenden erhalten und nicht das Studierendenwerk? Letzteres hat schließlich explizit den Auftrag, die Studenten zu versorgen. Aufgrund der Subventionierung, der steuerlichen Rahmenbedingungen und der Semesterbeiträge kann es diesen Auftrag auch günstiger erledigen. „Das Studierendenwerk wird nicht per se privilegiert – es muss sich bei Ausschreibungen dem Markt stellen“, antwortet Schönweiß. Der Referatsleiter behauptet: „Es wird auf dem Campus keine Engpässe geben.“

Der Landesbetrieb weiß nichts vom Umzug einer Fakultät

Von dem Umzug einer ganzen Fakultät sei ihm nichts bekannt gewesen. „Die Nutzer (also die HdM) haben keine Bedarfs- oder Nutzungsanforderung für eine Mensa beim Wissenschaftsministerium gestellt“, sagt Schönweiß. Erst mit Genehmigung des Wissenschaftsministeriums könne im Einvernehmen mit dem Finanzministerium der Bau einer Mensa in die Wege geleitet werden. Den Studierenden rät Schönweiß, die HdM in die Pflicht zu nehmen. Doch selbst im Fall einer Anforderung durch die Hochschule gehe es bei tausend Studierenden nur um ein Plus von hundert Essplätzen, rechnet der Jurist vor.

Über diesen Kundenzuwachs wäre Udo Sanne von der S-bar schon froh. „Ich hatte schon vor zwölf Jahren die Idee, den Biergarten zu überdachen, das wäre eine ganz schnelle Lösung.“ Laut Schönweiß prüft derzeit das Unibauamt eine solche Lösung. Denn bisher kann die Außenterrasse mit rund 250 Plätzen nur im Sommer genutzt werden. Doch es geht nicht nur um Sitzplätze, sondern auch ums Essen. Dies werde zwar täglich mit Produkten aus der Region frisch gekocht, doch seien die Möglichkeiten in der nur 20 Quadratmeter großen Küche begrenzt, sagt Sanne. Auch die Vespertheken könnten nicht den ganzen Bedarf decken. In den nächsten Tagen soll deshalb ein feuerroter Snackwagen auf der Terrasse in Betrieb gehen, mit Pommes, Falafel und anderen „Take-away-Gerichten“. „Wir testen, was geht“, kündigt Sanne an.

Pächter der S-Bar: Wir sind eine Cafeteria, keine Mensa

„Eigentlich wollen wir alle Studierenden versorgen, können wir aber nicht“, sagt Sanne. „Wir sind eine Cafetéria, keine Mensa“, betont er. Auch an eine Kooperation mit dem Studierendenwerk habe er schon gedacht, das an der benachbarten Unimensa täglich 6000 Essen ausgibt. Dessen Geschäftsführer Tobias Burchard formuliert das anders: Sanne habe „gefragt, ob das Studierendenwerk sein Essen bezuschussen kann – das können wir nicht“, so Burchard.

S-Bar-Betreiber sieht sich systematisch geschädigt

Zum Teil kann Sanne, der selbst an der HdM studiert hat, die Verärgerung der Studierenden nachvollziehen. „Natürlich sind wir teurer“, räumt er ein und zieht den Vergleich mit dem Studierendenwerk. „Die S-bar muss privatwirtschaftlich arbeiten: Wir bezahlen sechs Prozent Umsatzpacht und 19 Prozent Umsatzsteuer.“ Aber: „Am Essen verdienen wir nichts, deshalb brauchen wir die Automateneinnahmen.“ Der HdM wirft er durch die Fremdvergaben bei den Automaten im Neubau und beim Catering von Veranstaltungen rechtswidriges Verhalten vor: „Es wird systematisch daran gearbeitet, uns zu schädigen.“

Studierende hoffen auf das Wissenschaftsministerium

Sanne geht davon aus, dass das Amt den Pachtvertrag, der in zwei Jahren ausläuft, verlängern wird. „Dann können wir investieren.“ Die Studierenden hoffen darauf, dass ihnen das Wissenschaftsministerium bei ihrer Forderung nach möglichst günstigem Essen zur Seite steht. Doch dieses ist für Pachtverträge gar nicht zuständig.