Der Streit um G8 oder G9 zeichnet sich als Thema im baden-württembergischen Landtagswahlkampf ab. Der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke unterstellt Grünen und SPD, sie wollten im Fall einer Wiederwahl, „das Gymnasium schleifen“. Die Grünen bekennen sich zu der Schulart.

Stuttgart - Die Opposition im Landtag setzt für den Landtagswahlkampf auf das Thema Bildung. Die FDP hat nun eigens einen Flyer drucken lassen, mit dem sie fordert „Hände weg vom Gymnasium“. Damit setzt sie nach eigenem Verständnis einen Gegenpol zur grün-roten Landesregierung. Dieser sei das Gymnasium ein Dorn im Auge, klagen der Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und sein bildungspolitischer Sprecher Timm Kern.

 

Aus „wahltaktischen Gründen scheue die Koalition aber die Abschaffung des Gymnasium, statt dessen grabe sie „der erfolgreichen Schulart durch die Hintertür das Wasser ab“. Der Zweck ist für die Liberalen klar, „den Konkurrenten der grün-roten Lieblingsschulart Gemeinschaftsschule zu beseitigen“.

Freie Wahl zwischen G8 und G9

Eigentlich tritt die FDP für das achtjährige Gymnasium ein. Nun will sie den Schulen die Entscheidung über G8 oder G9 überlassen. Allerdings solle das teurere G9 nicht mehr Ressourcen bekommen als G8. Auch die CDU hat bereits angekündigt, dass sie im Wahlkampf für die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 eintreten werde.

Grüne und SPD würden „trotz anderslautender Lippenbekenntnisse auf ein Einheitsschulsystem hinarbeiten“, sagt die FDP. Dazu trage der neue Bildungsplan bei, der in der Anhörungsphase ist um 2016 eingeführt werden soll. Es wird zwei Pläne geben, einen für die Gymnasien und einen für die anderen weiterführenden Schularten, in dem abschlussbezogen unterschiedliche Niveaustufen beschrieben werden.

Der Plan nivelliere, klagt die FDP und verlangt einen eigenen Bildungsplan für jede Schulart. Die sechs Leitperspektiven, von denen die zur Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt die größten Wellen geschlagen hat, halten die Liberalen sämtlich für willkürlich und überflüssig.

Mehr Informatik verlangt

Sie kritisieren, dass an den Gymnasien Biologie im Fächerverbund „Biologie, Naturphänomene und Technik“ (BNT) aufgehen soll. Unerwähnt lässt die FDP dabei, dass der Fächerverbund auf die Klassen fünf und sechs beschränkt ist. Auch Informatik komme zu kurz. Die Fraktion verlangt für alle weiterführenden Schularten einen eigenen Lehrplan Informatik. Schrittweise müsse ein eigenes Schulfach Informatik eingeführt werden.

Die CDU pflichtet der kleineren Oppositionspartei bei. „Dem Fach Informatik ein kümmerliches Nischendasein zu gewähren wird seiner Bedeutung nicht gerecht, erklärt der Bildungsexperte Georg Wacker. Den „Unsinn“ mit den Leitperspektiven müsse der Kultusminister aufgeben.

Der nimmt die Kritik gelassen. Die FDP sei „offenbar in wesentlichen Punkten der Bildungsplanreform schlecht informiert“, konstatiert man im Haus von Andreas Stoch (SPD). Keineswegs werde, wie die FDP behaupte, das Wahlfach Informatik in der Oberstufe der Gymnasien abgeschafft. Die Angebote in der informationstechnischen Grundbildung würden ausgebaut. Das hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Im Fächerverbund BNT würden für keines der Fächer die Unterrichtsstunden gekürzt.

Grüne setzen sich zur Wehr

Die Grünen, bei denen Rülke einen deutlich ausgeprägteren „ideologischen Impuls“ gegen das Gymnasium ausmacht als bei der SPD, schlagen zurück. „Schrille Fundamentalopposition“ wirft Sandra Boser der FDP vor. Sie spricht von „billigen Klischees“ und „haltlosen Unterstellungen“, von „programmatischen Mauern“, die es in der Realität nicht gebe. Das Gymnasium bezeichnet Boser als „tragende Säule“ des Schulsystems. Die Steigerung seiner Unterrichtsqualität sei eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre.