Sehr knappe Hotpants sind diesen Sommer das modische Must-have. Das evangelische Heidehof-Gymnasium will diesem Trend mit schwarzen Strafshirts im XXL-Format entgegen wirken.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Bei der Gluthitze der vergangenen Tage trugen viele junge Leute nur noch so viel Stoff auf dem Leib wie unbedingt nötig. Da passte es gut, dass in diesem Sommer sehr knappe Hotpants als modisches Must-have gelten. Im evangelischen Heidehof-Gymnasium hält man es freilich nicht für zwingend, dass Schülerinnen auch bei sehr hohen Temperaturen unbedingt äußerst spärlich bekleidet im Unterricht erscheinen müssen.

 

Nicht zum ersten Mal stellen die Lehrer den Pennälern derzeit die Frage, was an sommerlicher Bekleidung dem Lernort Schule angemessen ist. Was ganz praktisch gemeint ist: Wenn die jungen Leute trotzdem weiter allzu freizügig angezogen kommen, können sie verdonnert werden, ein schwarzes Shirt in Übergröße zu tragen. Die Schüler finden das blöd und als eine Zumutung, mancher empfindet die Drohung der Schulleitung als skandalös. Diese selbst sieht darin ein Mittel, mit den Schülern ins Gespräch über modische Zwänge und schickliches Verhalten zu kommen.

„Da tauchten plötzlich massenhaft sehr kurzen Hotpants auf“

„Wir haben schon 2007 in der Lehrerkonferenz beschlossen, dass wir uns um eine angemessene Bekleidung in der Schule bemühen“, sagt Schulleiter Berthold Lannert. Damals ist es die Bauch-frei-Mode gewesen, die für Debatten gesorgt hat, aber auch die Jeans, die vielen Jungs mehr in den Kniekehlen als überm Hintern hingen, sodass alle Welt ihre Unterwäsche bestaunen konnte. Weil der Beschluss etwas bewirken sollte, wurde er ergänzt durch die Entscheidung, dass Schüler im Falle fortgesetzter Zuwiderhandlung jenes alles verhüllende XXL-Strafshirt zu tragen hätten.

Getroffen habe es damals tatsächlich zwei Jungs wegen ihrer hartnäckigen Vorliebe für jene tief hängenden Hosen. „Natürlich hat es viele Diskussionen gegeben, aber ein Problem hatten wir damit nicht“, erzählt der Schulleiter mit großer Selbstsicherheit. Vor einigen Wochen, als es endlich wärmer wurde, kam das Thema im Heidehof-Gymnasium dann doch wieder auf die Tagesordnung. „Da tauchten plötzlich massenhaft diese sehr kurzen Hotpants auf“, begründet der Pädagoge die Debatte, die in der Öffentlichkeit Kreise zieht. Auch weil in der Schule das umstrittene Büßerhemd wieder herumgereicht wurde.

Kurze Hosen, Flipflops und Trägerhemden weiter erlaubt

Der Elternbeirat war, als er kürzlich von den Vorgängen erfuhr, „sehr befremdet“, sagt die Vorsitzende Anette Heiter. „Das erscheint einem doch sehr rückständig“, findet die Mutter einer zwölfjährigen Tochter und eines dreizehnjährigen Sohnes, die beide die Schule besuchen. Vor allem sei es für die Kinder „peinlich und beeinträchtigend“, wenn sie das schwarze Riesenhemd tragen müssten. Deshalb hätte sich die Sängerin und Kabarettistin gewünscht, die Schulleitung hätte zunächst die Eltern um Mithilfe gebeten. Dass womöglich einzelne Lehrer willkürlich entscheiden könnten, was modisch noch zulässig sei und wer sich im Sekretariat das schwarze Hemd holen muss, hält Anette Heiter für fragwürdig. Grundsätzlich hat die Elternbeiratsvorsitzende Verständnis für die Haltung der Schule. „Die Mädels laufen zum Teil ja in der Unterwäsche rum“, sagt sie. Was sie als Frau keineswegs störe, könne in der Schule doch irritierend sein, findet sie. „Schule ist eben nicht gleich Freizeit.“

Auf diese Differenz will die Schule die Pennäler aufmerksam machen, dass es eben ein Unterschied sei, ob man in den Unterricht oder zum Baden gehe, sagt Schulleiter Lannert. Selbstverständlich dürfe man im Heidehof-Gymnasium weiter kurze Hosen, Trägerhemden und Flipflops tragen. „Damit haben wir kein Problem.“ Für das Zurschaustellen von Unterwäsche oder eines perfekten Körpers, den eben nicht jeder habe, sei die Schule aber nicht der passende Ort, findet er. Darüber will er mit den Schülern reden. Dass manche diese Haltung altmodisch nennen, macht Berthold Lannert nichts aus, Angst vor öffentlicher Kritik hat er nicht. Das Kollegium finde, dass auch solche Themen offen in der Schule besprochen werden sollten. Das schwarze Shirt habe im Übrigen bisher niemand mehr tragen müssen.