Der Heimatverein Waiblingen entfernt den Bewuchs über der 1965 entdeckten Villa Rustica beim Feierabendheim Am Kätzenbach. Jetzt können Passanten das uralte Gemäuer wieder auf den ersten Blick erkennen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Waiblingen - Jochen Promies war damals schon dabei. Anno 1965, als beim Bau des Feierabendheims in der Straße Am Kätzenbach in Waiblingen die Reste eines römischen Gutshofs entdeckt worden sind. Seither schaut der mittlerweile 87-jährige Innenarchitekt immer wieder vorbei – in letzter Zeit aber mit weniger Freude, denn die Villa Rustica war vor lauter Pflanzenbewuchs kaum mehr zu sehen. Promies, der bis zum Jahr 2002 Vorsitzender des Heimatvereins war, kennt die Geschichte dieses uralten Hofs wie kaum ein anderer.

 

An diesem sonnigen Samstagnachmittag steht Promies mal wieder neben den fast 2000 Jahre alten Mauern, mit einem Lächeln im Gesicht. Er erzählt, dass er die jungen Kollegen beim Heimatverein angerufen und gebeten habe, doch Abhilfe zu schaffen. Und jetzt sind sie gekommen, die drei Herren, und schwitzen in dem einstigen Römerkeller ohne Dach. Sie schneiden ungezählte Zweige weg, kehren haufenweise Erde und Laub zusammen. „Wir sind die Jugendbrigade des Heimatvereins“, sagt Reinhold Kießling, deutet auf seine beiden grauhaarigen Mitschaffer und grinst breit. Die drei Herren sind um die 60 Jahre alt, doch im Vergleich zum einstigen Vorsitzenden sind sie in der Tat Jungspunde.

Keine schnöde Weinbergmauer

Bereits nach gut einer Stunde Arbeitseinsatz ist der imposante Keller wieder auf den ersten Blick zu erkennen. Kießling erzählt, dass es sich wahrscheinlich um das älteste Gebäude auf Waiblinger Markung handle. Im Boden des Kellers sind Steinkanäle erhalten, einst ein Entwässerungssystem. Mit Hilfe der Keramik, die vor 50 Jahren gefunden worden ist, sei es möglich, das Alter der Villa Rustica relativ genau zu datieren. Das Gebäudeensemble – viele Räume seien bei dem Bauarbeiten 1965 leider beschädigt worden – dürfte im Jahr 200 nach Christus entstanden sein.

Jochen Promies sagt, es sei leider nicht möglich, festzustellen, ob die Villa Rustica einst ein landwirtschaftliches Anwesen oder ein Wohnhaus eines wohlhabenden Mannes gewesen ist. Als die alten Steine 1965 entdeckt worden sind, habe man zunächst gedacht, dass es sich um eine schnöde Weinbergmauer handeln könnte. Doch die Experten des Landesdenkmalamt aus Stuttgart erkannten schnell: Es sind die Reste einer römischen Siedlung.

Das Gewächs wurde lange nicht gestutzt

Viele Passanten wissen vermutlich nichts von der Villa Rustica. Kein Wunder, sagt Kießling. Das wuchernde Gewächs sei sicher 20 oder 30 Jahre lang nicht gestutzt worden. Eigentlich sei der Eigentümer für die Pflege so eines Denkmals verantwortlich, also der Betreiber des Seniorenheims. „Aber die haben zurzeit andere Probleme.“ Also sei der Heimatverein Waiblingen gerne eingesprungen. Als die Schnittarbeiten weitgehend erledigt sind, schaut eine Mitarbeiterin des Pflegeheims kurz vorbei – und staunt. „Sieht toll aus“, sagt sie und erklärt: „Ich arbeite seit elf Jahren hier und wusste nichts von der römischen Villa.“