Bürger können wieder eine vierteilige Postkarten-Serie kaufen und so Bekannten aus aller Welt ein paar nette Zeilen schreiben. 08/15-Motive waren der Gestalterin Beate Schmidt einfach zu wenig – deshalb hat sie in der Stadt-Historie gekramt.

Heimsheim - Lange mussten Heimsheimer Lokalpatrioten ein trostloses Dasein fristen, war es ihnen doch nicht vergönnt, die restliche Menschheit an der Anmut ihres Städtchens im Enzkreis teilhaben zu lassen. Doch damit ist nun Schluss. Denn dank eines neuen Postkarten-Sets erfreut man sich künftig auch im abgelegensten Winkel der Erde an der Schleglerstadt.

 

Die Serie besteht aus vier markanten Motiven. Zum einen ziert das Bildnis des Schleglerschlosses eine der rechteckigen Karten. Nicht fehlen darf auch das andere Wahrzeichen Heimsheims: das Graevenitz’sche Schloss. Und während man zwischen Streuobstbäumen einen Blick auf das Panorama der Stadt erhascht, dient eine Aufnahme des Marktplatzes in der Morgendämmerung als Weihnachtsmotiv.

Keine 08/15-Ansichtskarten

Darauf ist aber weder Schnee noch der übliche Schnickschnack einer glitzernden Weihnachtskarte zu sehen. „Als ich mit dem Design der Karten im Herbst begonnen hatte, lag kein Schnee, und er lässt auch noch bis heute auf sich warten“, sagt Beate Schmid. Sie hat die Karten gestaltet. Aber auch sonst wird dem Betrachter schnell klar, dass es sich bei der Serie nicht um 08/15-Ansichtskarten handelt. „Das Konzept einer Stadt-Postkarte ist immer gleich: Man wählt ein charakteristisches Motiv, setzt den Ortsnamen darunter und fertig ist das Ganze“, erklärt Schmid. „Mir war das aber zu wenig.“

Folglich hat die Werbedesignerin in der Historie der Stadt herumgewühlt und einige wissenswerte Fakten zusammengetragen. „Absender und Empfänger erfahren somit beiläufig auch etwas über die Stadt“, betont Schmid, die zugleich gesteht, dass sie selbst eher ein Geschichtsmuffel sei. „Das ein oder andere Häppchen ist dann aber doch ganz spannend“, befindet die 45-Jährige, die sogar im vergangenen Sommer mit großer Begeisterung den Schlosshoffestspielen vor der historischen Kulisse beiwohnte.

Bei ihrem Streifzug durch die Vergangenheit des Städtchens Heimsheim hat sie unter anderem herausgekramt, dass sich im Jahr 965 Kaiser Otto nach der Krönung in Rom mit seinen Söhnen König Otto II. und Erzbischof Wilhelm von Mainz im damals noch genannten Heimbodesheim traf oder dass 1395 Graf Eberhard III. die Schleglerkönige gefangen nehmen ließ, was auch mit der Zerstörung der Stadt einherging. Und nachdem 1724 Heimsheim an Friedrich Wilhelm von Graevenitz übertragen wurde, ließ er das heute als Rathaus genutzte Gebäude von dem italienischen Baumeister Paolo Retti errichten. Der Anstoß zu der Postkartenserie sei von der Inhaberin des Heimsheimer Buchladens gekommen. „Es hieß, dass es bis auf ein Büchlein mit Postkarten zum Schloss, das wohl ausschließlich bei Führungen angeboten wird, keine Ansichtskarten von der Stadt gibt“, erzählt Beate Schmid, die sich sodann der Sache annahm. Zunächst ging es mit der Fotokamera auf Motivsuche, anschließend folgte der kreative Prozess. Die Gestaltung der Karten, die üblicherweise dem Auftraggeber in Rechnung gestellt werde, habe sie aber nicht berechnet. „Das ist sozusagen mein kleiner Beitrag für Heimsheim“, sagt Beate Schmid.

Die vier Ansichtskarten sind inzwischen nicht nur im Buchladen erhältlich, sondern auch beim Autohaus Morof und ab Januar im Bio-Laden Gommel. „Vielleicht kommt noch der ein oder andere Interessent hinzu“, hofft Schmid, die mit dem Gedanken spielt, die Serie in der Zukunft zu erweitern. Schließlich habe Heimsheim architektonisch weitaus mehr zu bieten. „Ich denke da vor allem an die Zehntscheune und die Kirche“, sagt die Designerin.

„Ich bin aber kein Workaholic“

Die 45-Jährige ist keine waschechte Heimsheimerin. Ursprünglich kommt sie aus einer kleinen Ortschaft bei Bad Liebenzell und lebt seit 2008 mit ihrer Familie in der Schleglerstadt, wo sie sich eigener Aussage nach pudelwohl fühlt. „Ich war auch schon in meiner Jugend immer wieder in der Stadt, weil ich hier Bekannte hatte“, berichtet die Frau. Hauptberuflich arbeitet sie bei einer Werbeagentur in Calw, nebenberuflich nimmt sie kleinere Aufträge an und gestaltet unter anderem Firmenlogos, Visitenkarten oder Briefbögen. Auch die örtliche Kaffeerösterei zählt zu ihren Kunden. „Ich bin aber kein Workaholic“, stellt sie lächelnd klar. „In der Agentur arbeite ich nur halbtags, weil ich nachmittags meine Kinder betreue.“

Zum Schluss die Frage aller Fragen: Wie viele Heimsheimer Postkarten ließ denn die Gestalterin selbst bis dato auf die Reise gehen? „Noch keine einzige“, sagt Beate Schmid fast schon ein klein wenig verlegen, bevor sie dann aber eine durchaus akzeptable Entschuldigung liefert: „Wir haben in der Arbeit eine handgemachte Kartenserie für unsere Kunden gestaltet, sodass ich erst einmal diese loswerden muss.“ Aber sobald die Karten aufgebracht seien, nehme sie sich selbstverständlich die Schleglerstadt-Motive vor, sagt sie. Versprochen!