Die Blutkrebspatientin hat neue Stammzellen bekommen. Ihr Zimmer in der Tübinger Uniklinik darf die Elfjährige erst einmal nicht verlassen. Die Eltern Anke und Christian Küchler wollen ihrer Tochter das Fest so schön wie möglich machen.

Heimsheim – Es ist Heiligabend, die Familie sitzt gemütlich zusammen. Es gibt leckeres Essen, unter dem Baum liegen viele bunt verpackte Geschenke. Es wird gesungen, gespielt und gelacht, alle haben Spaß. So wünscht es sich doch jedes Kind. Für Marleen Küchler aus Heimsheim bleibt das in diesem Jahr leider nur ein Wunsch. Denn die elfjährige Blutkrebspatientin muss die Feiertage auf der Isolierstation in der Tübinger Uniklinik verbringen. Vor einer Woche wurden ihr die Stammzellen einer Spenderin transplantiert. Wer sie ist, Familie Küchler weiß es nicht. Nun heißt es warten. Warten und hoffen, dass Marleens Körper die neuen Stammzellen annimmt.

 

Weihnachten im Krankenhaus zwischen Schläuchen und piepsenden Geräten – der bloße Gedanke daran treibt einem die Gänsehaut über den Körper. Wie sich Marleen wohl fühlen muss? „Gesundheitlich geht es ihr einigermaßen gut“, sagt Vater Christian Küchler. Gegen die Schmerzen bekommt Marleen Morphium. Sie sei tapfer, eine Kämpferin eben. „Aber sie ist traurig und frustriert.“ Immerhin, ab und an gelinge es ihm, dass seine Tochter lächele. „Und das freut mich wirklich sehr“, erzählt Christian Küchler.

Wenn er und seine Frau Anke könnten, sie würden ihre Tochter sofort die Last von den Schultern nehmen. Aber das gehe eben nun mal nicht. „Ihr dabei zu helfen, Vertrauen und Zuversicht zu finden, das ist jetzt unsere Aufgabe“, sagt der 48-Jährige und erklärt, dass er sich jetzt noch dringend etwas einfallen lassen müsse, damit Marleen trotz allem noch ein einigermaßen gemütliches Weihnachtsfest feiern kann.

So gemütlich wie möglich

Sofern das auf der Isolierstation überhaupt möglich ist. Denn schön ist es in dem Einzelzimmer mit den weißen Wänden wahrlich nicht. Alles ist steril, wer den Raum betritt, muss Schutzkleidung und Mundschutz tragen. Denn Marleens Immunsystem ist so schwach, dass schon der kleinste Infekt schwere gesundheitliche Folgen für sie haben könnte.

Die Elfjährige hat sich so gemütlich wie nur irgendwie möglich eingerichtet. An der Wand hängen viele Bilder und Postkarten, ihr Bett teilt sie sich mit ihren Teddybären. Und natürlich darf auch ein bisschen Weihnachtsdeko nicht fehlen. Auf der Fensterbank stehen Holzsterne, Teelichter und eine kleine Krippe, an den Fenstern hängen bunte Sterne. „Meine beiden Damen haben ganze Arbeit geleistet. Ich habe da nicht viel zu melden“, erzählt Vater Küchler und lacht. Einen Plastikbaum will er noch besorgen, ein paar Geschenke gibt es auch.

Zweites Weihnachten im Krankenhaus

Es ist schon das zweite Weihnachtsfest, das die Küchlers im Krankenhaus verbringen müssen. Im vergangenen Jahr lag Marleen im Olgäle, dem Kinderkrankenhaus in Stuttgart, hatte die ersten Chemobehandlungen hinter sich. Christian Küchler erinnert sich: „Sie war traurig, wollte überhaupt nicht feiern. Auch Geschenke wollte sie keine haben.“ Doch dann sei es ein sehr gemütliches Fest gewesen. Seine Frau hatte für alle gekocht, auch die Großmutter war dabei. „Wir hatten ein Zimmer für uns allein, haben auch einen Weihnachtsbaum aufgestellt.“ Schön sei es gewesen, erzählt Christian Küchler. „Anders, aber schön.“

Schön, nein geradezu überwältigend sei auch die große Anteilnahme, die seine Familie nach wie vor von überall her erfahre. „Marleen kann es gar nicht richtig glauben, wenn ich ihr die vielen Briefe mitbringe und erzähle, was da draußen alles so passiert“, sagt ihr Vater. So hat etwa der Schwimmnachwuchs der Leonberger Wasserfreunde um Trainerin Raphaela Weeber 500 Euro an Spenden gesammelt. Schon als Baby hat Marleen dort mitgeplanscht. „Wir haben das aus der Zeitung erfahren und einen Bücherflohmarkt organisiert“, erzählen die Mädels, als sie Christian Küchler den Scheck und viele Briefe überreichen.

Wie es weitergeht, weiß keiner so genau. Die Küchlers hoffen jeden Tag, dass Marleens Körper die neuen Stammzellen annimmt. „Es sind nur ganz kleine Schritte, die wir gehen können“, sagt Christian Küchler. Zukunftspläne schmiede seine Tochter im Augenblick zwar nicht. Aber einen großen Wunsch habe sie dann doch: „Wir wollen im Herbst alle zusammen in Ägypten tauchen gehen“, sagt ihr Vater.