Helmut Kohl erscheint 2011 als Postwertzeichen. Eine Ehre, die nur wenigen Persönlichkeiten zu Lebzeiten zuteil wird.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Stuttgart - Es ist 13 Jahre und länger her, da hatte der Bundespostminister – von heute aus betrachtet – anscheinend nichts Besseres zu tun, als neue Briefmarken zu präsentieren. Selige Zeiten. Seit 1998 ist der Bundesfinanzminister für die Herausgabe der geldwerten Papierschnipsel zuständig. Gerade erst hat Wolfgang Schäuble vier neue Exemplare mit Loriot-Motiven präsentiert. Insgesamt 52 Sondermarken wird sein Ministerium in diesem Jahr unter die Leute bringen – zum Beispiel „500 Jahre Till Eulenspiegel“ am 14. Juli.

Unabhängig von dem Volksnarren fällt auf, dass eine Briefmarke noch nicht berücksichtigt ist: die für Helmut Kohl. Denn nun steht fest, dass auch der Kanzler der Einheit alsbald mit einem Postwertzeichen gewürdigt wird – eine Ehre, die außer deutschen Staatsoberhäuptern im Prinzip keiner lebenden Persönlichkeit zuteil werden soll. Und selbst diese halten sich zurück: Karl Carstens war der bisher letzte Bundespräsident, der vor seinem Tode mit einer Marke bedacht wurde.

Papst Benedikt XVI. schwebt ohnehin über den Dingen: Seine Marke erschien 2007 zum 80. Geburtstag. Mittlerweile ist auch Helmut Kohl 80 Jahre alt – und sehr gebrechlich. Es ist kein heiterer Anblick, wenn er im Rollstuhl zu den wenigen Ereignissen gefahren wird, an denen er noch teilnimmt.

Sorgt die Briefmarke für Versöhnung?


Ihr Idol mit einer Sonderbriefmarke zu würdigen, ist seit Jahren das Bestreben seiner Verehrer in der Union; zuletzt vor dem runden Geburtstag im April 2010. Derlei Vorstöße scheiterten an den Ministern Steinbrück und Schäuble – und an Angela Merkel. Nun hat die Kanzlerin umgedacht: Sie freue sich und „findet, dass das verdient ist“, verkündet ihr Sprecher.

Jeder Bürger darf Briefmarkenmotive vorschlagen. Ein Programmbeirat befindet dann über die etwa 800 Anregungen, die jährlich beim Finanzministerium eintreffen. Ein gewichtiger Antrag konnte nicht mehr abgelehnt werden: Mitte November beschloss der CDU-Parteitag einstimmig, Kohls Lebensleistung durch die millionenfache Abbildung seines Konterfeis zu honorieren.

So kündigt sich eine bizarre Szene an: ausgerechnet Schäuble, seit der CDU-Spendenaffäre Erzfeind von Kohl, muss eine Lobeshymne auf den Altkanzler anstimmen. Wer weiß, vielleicht trägt die Briefmarke am Ende gar zur Versöhnung bei.