Eine neue Ausstellung im Etterhof widmet sich der Geschichte der Tonübertragung. Gezeigt werden aber nicht nur Geräte – es gibt auch viele Informationen über gesellschaftliche Entwicklungen seit 1923.

Hemmingen - Es ist ein buntes Gemisch von Tönen, die am Sonntagnachmittag den kleinen Raum im Hemminger Etterhof erfüllen. Aus der einen Ecke klingen aktuelle Charttitel, aus der gegenüberliegenden schallt Tanzmusik aus der Nachkriegszeit. Und zwischendrin gibt es in der neuen Ausstellung im Etterhof viel zu sehen: historische Radios und Plattenspieler, aber auch Tonbandgeräte, Kassettenrekorder, Walkmen und einen alten Fernseher.

 

Das Schmuckstück der Schau ist ein Electrola Grammophon aus der Zeit um 1930, ein alter Plattenspieler. Begeistert stehen Michael Geyer, Historiker sowie stellvertretender Vereinsvorsitzender, und Martin Holoch davor und demonstrieren, wie man eine Schallplatte schneller laufen lassen kann. Von Holoch stammen die meisten der Exponate, gut ein Dutzend stammt aus dem Fundus des Vereins.

Dazu zählt etwa der Volksempfänger VE 301 W, der 1933 zum damals günstigen Preis von 76 Reichsmark vorgestellt wurde, damit möglichst jeder den Worten des Führers lauschen konnte. Parallel habe es aber auch eine Luxusentwicklung gegeben, mit der sogar Fernempfang möglich gewesen sei, berichtet Holoch. Nach dem Krieg habe das Radio einen „großen Beitrag zur Meinungsfreiheit der jungen Demokratie geleistet“.

Details wie diese haben die Macher der Ausstellung, zu der neben Geyer und Holoch auch der Vereinschef Manfred Gutbrod und Christl Paasch beigetragen haben, auf Tafeln dokumentiert. Sie befassen sich mit verschiedenen Epochen. Etwa von 1923 bis 1945 („Das Radio wird erwachsen“), über die Nachkriegszeit bis hin zu den Jahren 1965 bis 1985, als das Radio zunehmend mobil wurde. Zu sehen sind die nun kleineren Geräte in einer eigenen Vitrine. „Kofferradios waren der Schrecken des Freibads“, erinnert sich Holoch. Jeder habe dem Nachbarn zeigen müssen, wie laut das eigene Gerät sein könne, erinnert er sich mit einem Schmunzeln.

Ihm und Geyer ist die Leidenschaft anzumerken. Angesprochen auf die älteren Exponate sprudeln die Kindheitserinnerungen nur so aus ihnen heraus. Während er vor einem 1955 hergestellten Saba-Gerät kniet und an den Knöpfen dreht, erzählt Geyer, wie er als Kind auf diese Weise sogar auf Radio Neu-Delhi gestoßen sei. Und nicht nur „das war ganz großartig“: Als junger Mann habe man wunderbar damit angeben können, welche Radiosender man schon gehört habe, nachgewiesen durch dessen Antwort auf einer Postkarte.

„Ein Traum“ dieser Zeit sei auch die ausgestellte Musiktruhe (Nordmende Arabella 1954) gewesen: ein Schrank, der Platz für ein Radio, einen Plattenspieler und auch für die Platten selbst bot. Der Faszination Radio habe auch der erste Fernseher nichts anhaben können, sagt Geyer über die Bilder zur Fußball-WM 1954. Nicht zu toppen, so habe sein Vater gesagt, sei es aber, wenn man nur die Fernsehbilder schaue und dazu die Radioreporter höre, die es so toll verstanden hätten, die Szenen dramatisch lebendig werden zu lassen.

Das und auch die Technik waren es, die Martin Holoch zu seiner Sammelleidenschaft gebracht haben. „Ich finde es interessant, welche Anstrengungen Menschen unternehmen, um zu kommunizieren.“ Und das scheint rund um die Ausstellung prima zu funktionieren. Kaum sei die Schau bekannt geworden, seien fast jeden Tag ein, zwei neue Geräte im Etterhof gestanden, die dann hinzugefügt wurden.

Auch am Sonntag kam spontan ein weiteres Exponat dazu: Ein älterer Mann kehrte kurz nach der Eröffnung mit einem Detektorradio zurück, ein einfaches Empfangsgerät. Und ein weiterer Besucher bot seine Hilfe an, als die Macher erste Überlegungen für Veranstaltungen anstellten wie etwa eine Disco mit den alten Geräten oder ein Ratespiel mit Erkennungsmelodien. „Das ist das Tolle, je mehr man mit den Leuten redet, umso mehr kommt zurück“, freute sich Christl Paasch über die Resonanz.