Das erste der drei Herbstkonzerte in St. Antonius rückte Klassiker in ein neues Licht.

Stuttgart-Zuffenhausen - Ein tiefes Hauchen des Cellos, ein dunkles Vibrieren der Kirchenorgel von St. Antonius. Dann traten aus vier unterschiedlichen Richtungen die Streicher hinzu. Perfekt inszeniert war das Einstiegsstück dieses ersten Herbstkonzertes – und ungewöhnlich obendrein: „Dancer in the Dark“ von der isländischen Sängerin und Komponistin Björk hatte man in dieser Besetzung sicher noch nicht gehört. So aber schufen Dieter Kraus (Saxofon), Emily Körner (Violine), Andra Darzins (Viola), Philipp Körner (Cello) und Organist Lothar Sigloch ein völlig neues Klangbild für ein an sich schon bildgewaltiges Stück. Und das war am Sonntagabend Programm: Mit „Changing Classics – Saxophon Swings With Strings“ war das spannende Aufeinandertreffen von Bläser, Orgel und Streichern überschrieben.

 

Auch die weiteren Stücke sorgten für Staunen: Einige der „Children Songs“, der Kinderlieder von Jazz-Legende Chick Corea, erklangen, bis sich danach der Choral „Wo soll ich fliehen“ von Johann Sebastian Bach einschlich – unerwartet und gut. Die „Suite Hellenique“ von Pedro Ittuaride klang in dieser Besetzung gar nicht griechisch, sondern orientalisch verspielt. Dazu die „Suite de Gavottes des Montagnes“ von Didier Squiban, in denen piemontesische Lebensfreude anklang sowie die fremdartig anmutende „Aria“ von David Maslanka. Der Reigen der musikalischen Überraschungen schloss mit einem Dixie von Pedro Ittuaride – und hier swingte das Saxofon dann tatsächlich mitreißend mit den klassischen Streichern. Ein gelungenes erstes Konzert einer ebenso niederschwelligen wie anspruchsvollen Reihe verklang vielversprechend.

Es war das erste Herbstkonzert ohne Pfarrer

Die Herbstkonzerte in St. Antonius gehen in die sechste Runde: Begründet hatte Gemeindemitglied Andra Darzins die Reihe, um mehr Musik in den Stadtbezirk bringen. Die aus Australien stammende Wahl-Zuffenhäuserin ist Professorin an der Stuttgarter Musikhochschule und kann aus einem unerschöpflichen Fundus an neuen Projekten und vielversprechenden Talenten schöpfen. Entsprechend werden beim zweiten Konzertabend Studierende und Dozenten gemeinsam vor das Publikum treten. „Ein ganz besonderes Erlebnis“ verspricht Darzins auch für das Abschlusskonzert: Dann soll es Bratsche in Breitformat-Besetzung geben, mit sechs Streichern, die durch Keyboard oder Orgel ergänzt werden und die Kirche buchstäblich rocken sollen: Kein Wunder, steht doch „Kammerrock“ auf dem Programm.

Es war aber auch das erste Herbstkonzert ohne Pfarrer. Christopher Sturm hatte im September nach fast genau zehnjährigem Dienst in der Gemeinde im Gottesdienst völlig überraschend mitgeteilt, er werde wegen der „mit dem Priesteramt verbundenen zölibatären Lebensform“ sein Amt aufgeben und zu den Altkatholiken wechseln. Diese gelten als liberaler und gestatten es ihren Priestern, in Beziehungen zu leben.

Sturms Ankündigung hatte ein enormes Rauschen im Blätterwald verursacht und gleich zwei katholische Gemeinden ratlos und ohne Pfarrer zurückgelassen: St. Antonius von Padua in Zuffenhausen und Zum Guten Hirten in Stammheim. Bei dem vorherrschenden Priestermangel in der katholischen Kirche wird man sich nun wohl auf sehr lange Vakanzen einstellen müssen. „Vieles, was damals in der Presse stand, war einfach frei erfunden“, gibt sich die Zuffenhäuser Kirchengemeinderatsvorsitzende Luzia Schuhmacher wortkarg: „Manche Fragen wollen wir nicht beantworten, und für viele Fragen wissen wir auch selbst keine Antworten.“