In der Auswahl stehen zwei Standorte für die Methadon-Abgabe. Eine Mehrheit von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern hat eine Vorentscheidung getroffen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die seit eineinhalb Jahren im Rat diskutierte kontrollierte Abgabe von synthetischem Heroin an Schwerstabhängige kommt. Die Suche nach einem geeigneten Standort für die Diamorphinpraxis bleibt aber bis zuletzt ein Tauziehen. Eine Vorentscheidung ist allerdings in einer Sitzung der Fachausschüsse für Sozialen und für Krankenhäuser gefallen: die Mehrheit der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern votierten für die Kriegsbergstraße.

 

Vor Beginn der gestrigen Sitzung hätte man meinen können, die Unstimmigkeiten zwischen den Referaten Soziales und Krankenhäuser seien ausgeräumt. Die Verwaltungsvorlage des Sozialreferats, in der dem Gebäude Kriegsbergstraße 40 der Vorzug vor dem Standort Tunzhofer Straße gegeben wird, war von beiden Ressorts gezeichnet. Der Verlauf der Debatte aber machte schnell deutlich, dass es mit der Einigkeit nicht weit her ist, auch wenn Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) von einer "konstruktiven" Zusammenarbeit der Referate sprach.

Der Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) erklärte, dass es zwar möglich sei, die Heroinpraxis an der Kriegsbergstraße so zu gestalten, sodass man die "Gefährdung" für die Blutzentrale des Klinikums, die um die Ecke liegt, "reduzieren" könne. Wölfle verwies aber auf das Angebot, die Diamorphinabgabe in einem Gebäude des Bürgerhospitals an der Tunzhofer Straße unterzubringen, was schneller und billiger möglich wäre, so Wölfle.

"Da bleibt ein Restrisiko"

Dann schilderte Claude Krier, der Klinische Direktor des städtischen Klinikums, einmal mehr die Sorgen der Blutzentrale. Als pharmazeutisches Unternehmen, das Blutprodukte für etliche Krankenhäuser in Stuttgart und der Region herstelle, laufe man Gefahr, die Lizenz zu verlieren, falls sich Klienten der Heroinpraxis oder der Drogenberatung Release, die auch in der Kriegsbergstraße 40 unterkommen soll, unter die Blutspender mischten. "Da bleibt ein Restrisiko", sagte Krier.

Die Fraktionen waren aus unterschiedlichen Gründen wenig erbaut über die weiter bestehende Uneinigkeit. Jochen Stopper von den Grünen monierte, es seien in der Sache nach wie vor Fragen offen, auch was die Investitions- und Betriebskosten angehe. So ist von Sanierungskosten für die Kriegsbergstraße von 2,35 Millionen Euro die Rede, das Sozialreferat hält aber eher 1,9 Millionen Euro für realistisch.

CDU-Stadtrat Philipp Hill hält die Auseinandersetzung für klar entschieden zugunsten der Kriegsbergstraße. Hills Fraktionskollege Klaus Nopper sprach von einer "abstrakten Gefährdung" der Blutzentrale. Ariane Zürn signalisierte die Zustimmung der SPD, das Thema sei ausdiskutiert. Sie kritisierte, dass erneut gegen die betroffenen Suchtkranken "unverschämte Unterstellungen und Ressentiments" erhoben würden.

 Kriegsbergstraße scheint alternativlos

Überdies müsse die Kriegsbergstraße in jedem Fall saniert werden, auch der Umbau der Tunzhofer Straße koste Geld, für eine Übergangslösung von sechs bis sieben Jahren. Diese Interimslösung hat für Matthias Oechsner (FDP) "keinerlei Vorteile", die günstig gelegene Dauerlösung an der Kriegsbergstraße sei "alternativlos". Auch Rose von Stein (FWV) hält die "langen Querelen" inzwischen für geklärt.

Das Sozialreferat kann Stellungnahmen des Landessozialministeriums, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und der Kommunen Köln und Freiburg, wo es ähnliche Konstellationen von Blutbank und Drogenhilfe gibt, vorweisen, die die genannten Gefahren nicht sehen. Im Übrigen, so Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer, habe die Blutbank die geforderte absolute Sicherheit "auch heute nicht".

So wird sich zeigen, ob die Mehrheit - bei je einer Enthaltung neben den Grünen auch in der CDU und der SPD -, im Verwaltungsausschuss und in den Haushaltsberatungen hält, wenn es ums Geld geht.