Der Streit um die Verlegung von Spielplätzen und den Bau eines Bürgerparks hat tiefe Gräben in der Mittmachstadt hinterlassen. Im Interview spricht Frank von Meißner über die Sicht der Gegner, den Protest und mögliche Kompromisse.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Herrenberg - Um einen Bürgerpark – Großspielanlage genannt – zu finanzieren, sollen alte Spielplätze verlagert und die Grundstücke als Bauland vermarktet werden. Dieser Plan hat in Herrenberg geradezu wütenden Protest von Bürgerinitiativen hervorgerufen, die den Erhalt der Spielplätze fordern. Frank von Meißner spricht für eine von ihnen. Im Interview erklärt er, wie der Ärger geweckt wurde und gibt einen Ausblick auf die aus Initiativensicht ideale Zukunft. Am Montag soll ein Kompromisspapier vorgestellt werden.

 
Herr von Meißner, Sie waren höchst unzufrieden mit der Information der Stadt. Sind Sie zufrieden, wie mit Ihrer Kritik umgegangen wird?
Wir sehen, dass unsere Einwände gehört werden und fühlen uns als Initiativen ernst genommen. Bei der Stadt wie der Kommunalpolitik haben unsere Argumente ein gewisses Umdenken ausgelöst. Auf das Resultat sind wir sehr gespannt. Die Skepsis gegenüber den städtischen Plänen ist ja relativ groß.
Sie haben zur Informationspolitik vielfältige Vorwürfe erhoben. Was hätte die Stadt besser machen sollen?
Ich würde nicht das Wort Vorwürfe verwenden, aber die Bestandsaufnahme zeigt, dass heute noch 24 Prozent der Bevölkerung nicht wissen, wie die Großspielanlage finanziert werden soll, und ein ganz großer Teil hat von den Plänen erst im Jahr 2016 erfahren. Das heißt, es muss irgendwas in der Information schief gegangen sein. Wir glauben, man hat sich frühzeitig festgelegt auf eine konkrete Planung und zu deren Ausführung einen Bürgerbeteiligungsprozess gestartet – aber nicht zur Grundsatzfrage: Brauchen wir diese Anlage, wo soll sie liegen, wie groß soll sie sein, und vor allem wie wollen wir sie finanzieren?
Glauben Sie, dass dahinter Absicht stand, im Sinne einer Verschwörung, oder war das ein Versäumnis?
Ich denke, es hilft niemandem zu spekulieren, ob eine Intention dahinter stand. Fakt ist, dass das Ergebnis unbefriedigend war, weil erhebliche Unruhe aufgekommen ist, sich sogar Fronten innerhalb der Mitmachstadt Herrenberg aufgetan haben, was wir sehr bedauern.
Die Stadt verweist auf Gemeinderatssitzungen, Veröffentlichungen im Amtsblatt, Bürgerworkshops. Ist Information nicht auch eine Holschuld?
Das Argument haben wir verschiedentlich gehört. Wir Initiativen halten dem entgegen, dass die Informationen nicht so transparent waren, dass man verstehen konnte, was dahinter steckt. Es ist zu viel Werbesprech verwendet worden, zu wenig Klartext. Wir haben zum Beispiel auf unserer Internetseite www.junges-herrenberg.de ein Video der Stadt verlinkt, wo in schönen Worten erklärt wird, warum man Spielplätze zusammenlegen möchte, aber nicht, welcher Spielplatz an welchen Ort verlagert werden soll. Die Katze war erst im April 2016 aus dem Sack.
Die Überschrift dieses Videos lautet: Verlagerung bestehender Spielflächen. Darunter ist vermerkt, dass zur Finanzierung der Verkauf von Spielplätzen nötig ist. Hätte das nicht Verdacht wecken können?
Offensichtlich ist es nicht klar geworden. Wir haben im September Passanten gefragt: Ab wann wussten Sie von den Plänen zur Finanzierung? 56 Prozent hatten erst 2016 davon erfahren. Wir haben auch Aussagen von zwei Anwohnern, die früh das Gerücht gehört haben, dass der Spielplatz Holdergraben verlagert werden soll und nachgefragt haben bei der Stadtverwaltung. Beiden wurde gesagt, es sei eine mögliche Maßnahme, aber noch lange nicht beschlossen. Es wurde stark vertröstet.
Der Oberbürgermeister betont bis heute, es sei keine Entscheidung gefallen. Sie steht erst bevor.
Mit Datum von 21. April 2016 war eine konkrete Beschlussvorlage im technischen Ausschuss. Der Entscheid sollte am 10. Mai fallen, also sehr dicht getaktet, was auch der Oberbürgermeister in der Rückschau als ungünstig bezeichnet hat. Man hat viel Zeit, Mühe und Geld für die Detailausgestaltung investiert. Bei den Workshops ging es sehr intensiv um die Ausgestaltung der neuen Anlagen, nie um den Verkauf der alten. Ich habe dazu die Aussage einer Mutter, die bei einem Workshop war. Sie sagt, ihre Frage nach dem Finanzrahmen für die Großspielanlage sei abgeblockt worden: Über Finanzen werde erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Das war im September 2015.
Zeitweise war der Ton in der Auseinandersetzung scharf. Hat sich das gelegt?
Wir haben überhaupt kein Interesse, Schärfe in die Sache zu bringen. Auch auf unserer Internetseite haben wir uns bemüht, objektiv zu berichten, aus Unterlagen der Stadt zu zitieren, ohne größere Kommentierung. Zum Beispiel aus der Spielleitplanung von 2013, in der die Wünsche der Bevölkerung festgehalten sind, oder aus der Bewertung der bestehenden Spielplätze, die die Stadt 2012 vorgenommen hat. Wir wollen konstruktiv am Meinungsbildungsprozess mitwirken.
Sind Gespräche mit der Stadt konstruktiv oder von Konfrontation geprägt?
Das ist konstruktiv, mit der Stadt und mit der Kommunalpolitik. Wir haben auch mit allen Fraktionen vor Ort diskutiert, hart in der Sache, aber jeder hat versucht, den Standpunkt des anderen nachzuvollziehen.
Die Aussage der Stadt ist eindeutig: Wir brauchen das Geld aus dem Verkauf der Grundstücke. Sehen Sie Raum für einen Kompromiss?
Man kann sich Gedanken zu einer alternativen Finanzierung der Großspielanlage machen oder darüber, ob das eine Nummer kleiner geht, wenn man sich auf die ursprüngliche Absicht konzentriert, Defizite für die Jugendlichen zu beheben. Ein Kompromiss könnte auch sein, dass man keine recht teure Großanlage am Stadtrand schafft, sondern mehrere Standorte mit kurzen Wegen plant. So hatten es die Jugendlichen in der Spielleitplanung auch selber formuliert. Eine schrittweise Realisierung wäre außerdem möglich. Ein letztes Thema wäre eine Kofinanzierung durch die Befürworter, wie beim Hallenbad. Damals hatte sich ein Förderverein gegründet, der viel Geld gesammelt hat.