Das Geburts- und das Wohnhaus stehen längst nicht mehr – doch kommt ein Team für eine Dokumentation über den Baumeister um die Gäustadt nicht herum.

Herrenberg - Ein halbes Dutzend Kinder turnt am Beckenrand des Herrenberger Marktbrunnens herum. „Sie sollten nicht ins Bild, weil wir sonst eine Einverständniserklärung der Eltern brauchen“, ruft der Regisseur Rainer Wälde seinem Kameramann Andreas Lehmann zu, der

 

die Kinder bittet, ein wenig Abstand zu halten. Dann schwenkt der lange Kameraarm erneut in Richtung Brunnensäule: „Aufnahme läuft.“ Mit Lehmann und seinem Assistenten Daniel Sikinger dreht der Inhaber der Filmfirma Rainer Wälde Media und gebürtige Freudenstädter eine Dokumentation über den in Herrenberg geborenen Renaissancebaumeister Heinrich Schickhardt (1558 bis 1635).

Das Geburts- und Wohnhaus stehen nicht mehr

Die Aufnahmen am Marktplatz benötige er als „Tapete“, wie Wälde sagt, um die Geschichte des ehemaligen Hofbaumeisters zu erzählen. Zwar geht der Marktbrunnen, wie er sich heute präsentiert, auf den Baumeister Johann Haimb zurück. Doch Wälde stört das wenig. Um Herrenberg kommt er bei seiner Dokumentation ohnehin nicht herum. Auch wenn das Geburtshaus sowie das Wohnhaus Schickhardts nicht mehr stehen, weil sie im Jahr 1635 einem Brand zum Opfer gefallen sind. Schließlich soll die Dokumentation insgesamt zwischen 45 und 90 Minuten lang werden.

„Sicher überliefert ist, dass Schickhardt an Ausbesserungsarbeiten der Stadtmauer beteiligt war“, berichtet die Stadtführerin Michaela Bautz bei den Dreharbeiten. In der Stiftskirche soll der Baumeister das Chorgestühl mitgestaltet haben, weiß wiederum Peter Wilke, der Amtsleiter Wirtschaftsförderung und Kultur. Am Nachmittag werden auch dort einige Aufnahmen gemacht. Der Fruchtkasten, das Glockenmuseum und das Stadtpanorama vom Schlossberg aus sind weitere Einstellungen. Daneben kommt der frühere Stadtarchivar Roman Janssen zu Wort, der auf die Bedeutung Schickhardts für die Stadt eingeht. Rund sechs Minuten soll der Herrenbergteil lang werden, den Wälde für rund 6000 Euro an die Stadt verkauft.

Wilke plant, den Beitrag in das Portal von Youtube zu stellen und je nach Filmqualität auch eine DVD anfertigen zu lassen. „Wir überlegen zudem, ob wir den Film auf unserer Internetseite platzieren, weil es doch eine gute Werbung ist“, sagt Wilke.

Am Donnerstag drehte Wälde in Freudenstadt, am Freitag ist er mit seinem Team in Horbourg-Wihr im Elsass und im August noch in Altensteig (Kreis Calw). An diesen Orten, die ebenfalls an der europäischen Kulturstraße Heinrich Schickhardt liegen, hat der Baumeister ebenfalls gewirkt. „Die Kommunen zahlen jeweils auch einen Beitrag von rund 6000 Euro“, sagt Wälde, der hofft, dass noch andere Städte an dem Projekt mitmachen. Denn die Finanzierung des Films , der etwa 200 000 Euro kosten wird, ist nicht gesichert. Weil Fernsehsender wie Arte oder der SWR mit einer Ausstrahlung noch zögern. „Geschichtsthemen“, sagt Wälde, „sind eben nicht mehr sehr gefragt.“

Dabei ist ihm das Filmprojekt ein Herzensanliegen. Wälde, der seit 20 Jahren historische Stoffe verfilmt, nennt auch den Grund: Sein Großvater habe ihm erzählt, dass seine Familie von den Schickhardts abstamme. Als Bub habe er das nicht geglaubt. Vor einigen Jahren habe er jedoch herausgefunden, dass das tatsächlich so sei.

Das Drehbuch hat der 52 Jahre alte Filmemacher mit Hans Beller von der Filmakademie Ludwigsburg geschrieben und Schickhardt-Experten hinzu gezogen. Wälde, der seit drei Jahren an der Dokumentation arbeitet, hat die Stationen der Italienreise des Baumeisters im Jahr 1599 bereits festgehalten und stellt im kommenden Winter eine Kutschfahrt nach, die Schickhardt einst mit Herzog Friedrich I. unternahm, die die beiden an Weihnachten auf den Petersplatz nach Rom führte.