Das genossenschaftliche Geldinstitut kann auf 150 Jahre Geschichte zurückblicken: Es ist im Januar 1865 als Vorschusskasse für Handwerker und kleine Händler gegründet worden, die sonst kaum an Kredite kamen.

Herrenberg - Aus der Not heraus sind die Genossenschaftsbanken gegründet worden. Und sie haben sich zu einem sehr erfolgreichen Unternehmen entwickelt“, sagt Helmut Gottschalk, der Vorstandssprecher der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg. 150 Jahre alt werden gleich zwei seiner beteiligten Banken. Sowohl in Herrenberg als auch in Nagold (Kreis Calw) wird Jubiläum gefeiert.

 

Vor allem Handwerkern und kleinen Gewerbetreibenden eröffneten die Genossenschaftsbanken die Möglichkeit, an bezahlbare Kredite zu kommen. In den 1860er Jahren entstanden die ersten Kreditinstitute dieser Art in Deutschland. Die Idee: Händler und Handwerker schließen sich zusammen und zahlen in eine gemeinsame Kasse ein, aus der sie dann bei Bedarf auch Geld entleihen können.

Jeder muss Eintrittsgeld zahlen

In Herrenberg, damals ein 2000-Einwohner-Städtchen, wurde am 22. Januar 1865 die Spar- und Vorschussbank gegründet. Dazu trafen sich 37 Interessenten im Hotel Post und wählten einen Vorstand, in dem der Schultes, ein Kaufmann sowie ein Rechtskonsulent saßen. Jedes Mitglied der Bank musste ein sogenanntes Eintrittsgeld von 30 Kreuzern zahlen sowie einen festen Monatsbeitrag, der sich nach der Höhe des Geschäftsanteils richtete. Bis zur Höhe der eigenen Einlage konnte jedes Mitglied einen Vorschuss beantragen, für höhere Kredite mussten aber Sicherheiten hinterlegt werden.

Gleich im ersten Jahr nach der Gründung traten mehr als 100 Personen der Bank bei. Die Nachfrage nach Krediten war so stark, dass die Bank in Zeitungsanzeigen um Einlagen warb um „Gelder, die auf kurze Zeit ausgeliehen oder deponiert werden wollen“. Trotz mehrerer Wirtschaftseinbrüche entwickelte sich die Bank weiter. Zehn Jahre nach der Gründung verzeichnete sie bereits fast 700 Mitglieder.

Ein jähes Ende fand dieser stete Aufschwung im Jahr 1895, als sich der langjährige Kassier Anton Klaiber das Leben nahm, als eine Überprüfung der Bücher anstand. Der Grund: Klaiber hatte im großen Stil Geld unterschlagen, wie sich bei der Revision herausstellte. 316 501 Mark war eine für die damalige Zeit unvorstellbar hohe Summe. Die Bank musste deshalb im Juli 1895 vorübergehend ihren Geschäftsbetrieb einstellen.

Der Konkurs konnte dann aber gerade noch abgewendet werden: durch großzügige Spenden führender Mitglieder. Aber alle Teilhaber mussten ihren Beitrag leisten, indem sie einer Abwertung ihres Guthabens um 50 Prozent zustimmten. Zwei Monate nach der Schließung konnte die Bank ihren Betrieb wieder aufnehmen.

Drei Banken fusionierten

Mittlerweile hatte sie Konkurrenz durch kleine Vorschusskassen bekommen, die in den Dörfern ringsum gegründet worden waren. Erst im Jahr 1972 fusionierten die kleineren Banken mit der großen zur Volks- und Raiffeisenbank Herrenberg. 2000 folgte dann die Fusion mit der Rottenburger Volksbank, und im vergangenen Jahr folgte das Nagolder Institut. Heute hat die Bank in ihrem Einzugsgebiet mehr als 100 000 Kunden und 56 000 Mitglieder, drei Hauptstellen, 30 Filialen und mehrere Tochtergesellschaften sowie eine Bilanzsumme von fast 2,3 Milliarden Euro.

So mancher Geschäftszweig des Unternehmens, der einst blühte, wurde wieder aufgegeben. So die Reisebüros, die die Banken in Herrenberg, Nagold und Rottenburg in den 1970er Jahren betrieben. Andere Zweige etablierten sich, etwa die Vermittlung von Immobilien oder der Verkauf von Versicherungen. Ganz neue Bereiche gibt es seit Kurzem mit Hausverwaltungen und Testamentsvollstreckungen. „Wir sind stolz auf die Geschichte unserer Bank“, sagt der Vorstandschef Helmut Gottschalk: „Wenn wir unseren genossenschaftlichen Weg auch künftig leben, dann hat diese Bank ihre beste Zeit noch vor sich.“