Viele denken, Hundekot auf Wiesen und Feldern sei unschädlich. Dabei können die Häufchen bei Rindern schwere Infektionen verursachen. Herrenberg steuert jetzt dagegen.

Herrenberg - Die Landwirtin ist verzweifelt. „Unsere Weidefläche ist am Rand eines Neubaugebietes. Seit einigen Jahren koten immer mehr Hunde auf unsere Wiese“, erzählt die Frau aus dem Landkreis Böblingen, die weder ihren Namen noch ihren Wohnort in der Zeitung lesen möchte. „Aber wenn ich die Besitzer darauf anspreche, sagen drei Viertel von ihnen, ihr Hund mache so etwas nicht.“

 

„Viele Menschen denken, Hundekot auf den Feldern sei vergleichbar mit der Gülle, die ein Landwirt ausbringt“, sagt Heike Eisenmenger, die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes Böblingen. „Aber das stimmt nicht.“ Nur der Kot von Pflanzenfressern kann als Dünger verwendet werden. Die Ausscheidungen von Hunden aber können Parasiten enthalten, die bei Rindern Fehlgeburten auslösen können.

Humor und Design statt erhobenem Zeigefinger

Weil im dicht bebauten Landkreis Böblingen Felder und Wiesen häufig in der Nähe von Wohngebieten liegen, klagen immer mehr Landwirte über die Verschmutzung ihrer Felder. Herrenberg ist deshalb vor wenigen Wochen aktiv geworden. 25 Hundestationen haben die Technischen Dienste der Stadt entlang beliebter Spazierwege am Ortsrand bislang aufgestellt. Bis zum Jahresende sollen es 70 Stationen werden. Sie bestehen aus einem Tütenspender – in die Kunststoffbeutel können Frauchen und Herrchen den Hundehaufen packen – sowie einem Mülleimer.

Die Stadt lässt sich die Aktion 25 000 Euro kosten. Die wöchentliche Leerung der Mülleimer kostet jährlich noch einmal 26 000 Euro. Herrenberg ist nicht die erste Stadt im Landkreis, die systematisch den Kampf gegen die braunen Haufen aufnimmt. In vielen Kommunen – etwa in Böblingen, Sindelfingen, Schönaich oder Weil der Stadt – gibt es ähnliche Tütenspender. Herrenberg verfolgt aber einen besonderen Ansatz. „Wir wollen den Leuten nicht mit dem erhobenen Zeigefinger kommen“, sagt Stefan Kraus, der Leiter der Technischen Dienste in der Gäustadt.

Stattdessen setzen sie auf ein ansprechendes Design und auf Humor: „Säckle fürs Geschmäckle“ steht auf den Kunststofftüten. Auch technisch geht Herrenberg neue Wege: bei den Hundestationen sind sogenannte QR-Codes angebracht. Über das Smartphone oder den Rechner können Hundebesitzer auf einer Internetseite melden, bei welcher Station die Tüten aufgebraucht sind.

Mancherorts hilft nur ein Zaun gegen den Hundekot

Bei den Herrenberger Frauchen und Herrchen finden die Stationen großen Anklang. Als sich am Mittwoch nach einem Regenschauer die Sonne wieder zeigt, kommen Hundehalter im Minutentakt an der Station an der Gültsteiner Straße vorbei. Sie zeigen sich alle verantwortungsbewusst, viele haben bereits von zu Hause Tüten für die Hinterlassenschaften ihrer vierbeinigen Lieblinge mitgenommen.

Heike Eisenmenger begrüßt die Herrenberger Aktion. „Andere Gemeinden können auch gerne nachziehen“, sagt die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes. Doch nicht überall lösen Tütenspender und Mülleimer das Problem: „Schräg gegenüber unserer Weide ist eine Hundestation. Trotzdem findet wir Hundehaufen im eingebrachten Heu“, sagt die Landwirtin, die anonym bleiben möchte. Sie und ihr Mann wissen sich nicht anders zu helfen, als ihre Weide jetzt einzuzäunen.

Zahl der Hunde um bis zu 20 Prozent gestiegen

In den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Hunde im Landkreis Böblingen stark angestiegen: in Herrenberg um 14 Prozent, in Sindelfingen um 15 Prozent und in Böblingen sogar um mehr als 20 Prozent. Auch die Einnahmen aus der Hundesteuer sind in diesem Zeitraum um mehr als 20 Prozent erschienen.

Hundekot auf Feldern und Wiesen verschmutzt Tierfutter und kann zu Infektionen durch Parasiten führen. Befallenes Fleisch muss dann entsorgt werden. Auch Hundekot auf Spielplätzen ist gefährlich: wenn Kinder beispielsweise verunreinigten Sand in den Mund nehmen, können sie sich mit Würmern infizieren.

Böblingen hat seit dem Ende der 90er Jahre 40 Tütenspender für Gassi-Geher aufgestellt. Sindelfingen hat seit 2000 etwa 35 beliebte Punkte an Spazierwegen damit bestückt. Hunde dürfen außerdem in manchen Anlagen – wie dem Sommerhofen- und dem Dronfieldpark – nicht mitgeführt werden.