Der Rathauschef Thomas Sprißler stellt sein Programm für die nächsten acht Jahre als Oberbürgermeister vor. Er ist der einzige Kandidat für die Wahl am 29. November. Die Unterstützung der Fraktionen ist ihm gewiss.

Herrenberg - Unzählige Stühle in der Herrenberger Stadthalle sind am Freitagabend bei der Kandidatenvorstellung für die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl unbesetzt geblieben. Das mag daran liegen, dass die Herrenberger den einzigen Bewerber seit rund acht Jahren kennen: Thomas Sprißler. Keine der Gemeinderatsfraktionen hat sich die Mühe gemacht, einen Gegenkandidaten zu suchen. Warum auch, sind sie doch zufrieden mit der Arbeit ihres Stadtchefs.

 

30 Minuten Zeit hat Thomas Sprißler, um sich vorzustellen. Das Persönliche hält der 49-Jährige kurz und knapp, sagt, dass er mit seinem Umzug von Mötzingen nach Kuppingen Herrenberger geworden sei, dass seine drei Kinder ihm neben seinem Amt besonders wichtig seien, zusammen mit ihnen treibe er Sport – oder auch allein, um den Kopf frei zu bekommen.

An der Mitmach-Kultur ändert sich nichts

Der große Rest seiner Redezeit hat der Rathauschef reserviert für den Rückblick auf die vergangenen knapp acht Jahre und den Ausblick auf die anstehenden Aufgaben. Seine erste Amtsperiode sei maßgeblich durch die Etablierung der Bürgerkommune und den Stadtentwicklungsprozess Herrenberg 2020 geprägt gewesen: „Der Erfolg ist nicht mein persönlicher Verdienst.“ Die Aussage ist typisch für Sprißler, dessen Maxime ist, „gemeinsam unsere Stadt zu gestalten“. Als Beispiele nennt er die Bürgerbeteiligungen an der Planung des neuen Naturfreibades, an dem Jugend-Beteiligungskonzept und der Entwicklung des Fruchtkastens. An dieser Art der Mitmach-Kultur will er nichts ändern.

Themen, die den Diplom-Verwaltungswirt bereits beschäftigt haben und weiter umtreiben werden, sind etwa der Ausbau der Kinderbetreuung, die Sanierung der Schulen und der Wohnungsbau. Dabei müsse die Stadt stärker den Fokus auf bezahlbaren Wohnraum und geförderten Sozialwohnungen legen, sagt Thomas Sprißler: „Deshalb prüfen wir die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft.“

Das werden besonders die Chefs der Gemeinderatsfraktionen von CDU, Hermann Horrer, und SPD, Bodo Philipsen, gerne vernehmen. Ebenso wie die Anstellung eines eigenen Verkehrsexperten, die Stärkung des Wirtschaftsstandortes und die Verbesserung der Kaufkraftbindung, die Sprißler als weitere zentrale zukünftige Aufgaben ausgemacht hat. Das sind Themenfelder, die Horrer und Philipsen besser beackert haben wollen. Unterm Strich sind alle fünf Gemeinderatsfraktionen zufrieden mit Sprißlers Arbeit. Keine hat nach einem Gegenkandidaten gesucht. „Es macht keinen Sinn, die Pferde zu wechseln“, sagt der Freie-Wähler-Fraktionschef Thomas Deines: „Das Klima in der Stadt hat sich total gewandelt.“ So sehr, dass „Kommunalpolitik wieder Spaß macht“, betont Philipsen. „Wir wären enttäuscht gewesen“, gibt Horrer zu, „wenn Thomas Sprißler nicht mehr angetreten wäre.“

Spannend ist die Frage der Wahlbeteiligung

Auch wenn keine Massen wie bei der Kandidatenvorstellung vor acht Jahren die Stadthalle gestürmt haben, werden dem Rathauschef dennoch kritische Fragen gestellt. Die Neubauten an der Horber Straße erinnern eine Alt-Stadträtin an den „Koloss von Prora“ und weniger an urbanes Bauen. Von weiteren Einzelhandelsflächen auf dem Seeländer-Areal hält sie wenig, befürchtet eher, dass sie den Geschäften in der Altstadt „den Garaus machen“. Das sieht Sprißler anders: Gutachtern zufolge fehlten Handelsflächen in der Stadt.

Ein anderer Herrenberger bringt in die Diskussion des Dauerthemas Verkehrsentlastung einen Tunnel ins Spiel. Ein solches Bauwerk hält Sprißler für nicht realisierbar in absehbarer Zeit. Entlastung erhofft er sich von dem im Sommer beschlossenen Verkehrskonzept mit einem Tunnel unter der Bahnlinie und neuen Parkhäusern. Dass die Stadt in dem Veranstaltungskalender auf ihrer Homepage mehr Angebote von Vereinen aufnehmen und schneller Farbschmierereien beseitigen soll, nimmt der Rathauschef als Anregung mit.

Dass sich Sprißler den Bürgern bei der offiziellen Vorstellung und in Gesprächsrunden in den Teilorten gestellt, eine Homepage eingerichtet und Flyer verteilt hat, ist mustergültig. Paul Witt, der Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, empfiehlt Alleinkandidaten bei (Ober-)Bürgermeisterwahlen, dasselbe Programm zu absolvieren wie bei einer Wahl mit mehreren Bewerbern: „Die Wähler wollen sehen, der bemüht sich um unsere Stimmen.“ Dennoch geben in solchen Fällen meist weniger Bürger ihre Stimme ab. „Wenn die Wahlbeteiligung bei 35 Prozent plus liegt, ist es gut“, sagt der Wahlforscher und -beobachter Paul Witt. Maya Wulz, die Chefin der Grünen-Fraktion im Gemeinderat, hat ein klare Meinung dazu: „Wählen ist auch eine Form des Mitmachens.“ Ob sie dazu bereit sind, können die Herrenberger am 29. November beweisen.