Beim Thema Spielplatzplanung scheint die viel gelobte Bürgerbeteiligung misslungen zu sein. Anwohner und Eltern sammeln mehr als 1000 Unterschriften. Der Gemeinderat verschiebt seine Entscheidung.

Herrenberg - Es wuselt im Holdergraben. Eine Gruppe Sechs- bis Zehnjähriger liefert sich in abenteuerlichen Verkleidungen eine Jagd quer über den Spielplatz. Auf der Netzspinne turnen einige Jungs. Auf der Wippe in Form eines Autos sitzen die Kleinen. Auch einige Mütter sind da, halten einen Schwatz. „Das hier ist ein Treffpunkt für das ganze Viertel“, sagt Katharina von Meißner. Die junge Mutter ist Elternbeirätin in der Kita Holdergraben und mit ihrer dreijährigen Tochter Sophie fast täglich auf dem Spielplatz mitten im gleichnamigen Wohngebiet.

 

Doch nun droht das Aus für dieses Biotop (wir berichteten). Der Grund: die Stadtverwaltung möchte den Spielplatz 200 Meter weiter verlegen, an den Rand des Wohngebiets, wo es schon ein Fußballfeld gibt. Das jetzige Areal soll als Baugrundstück verkauft werden. Mit diesem Geld sowie dem aus anderen Grundstückverkäufen – dafür sollen auch noch andere Spielplätze dicht gemacht werden – soll der geplante Großspielplatz im Längenholz finanziert werden. 1,5 Millionen Euro erhofft sich die Verwaltung durch die Verlegung von fünf Spielplätzen. So sieht es die Spielplatzkonzeption vor, die der Gemeinderat bereits vor Jahren beschlossen hat.

Der Großspielplatz ist geplant als Treffpunkt für alle Generationen mit vielen Bewegungsangeboten. Angesprochen werden sollen dabei vor allem die Jugendlichen, für die es bisher nur wenige Anlaufstellen in der Stadt gibt. Ein ähnliches Areal hat der Oberbürgermeister Thomas Sprißler bereits vor Jahren in seiner Zeit als Bürgermeister in Mötzingen gemeinsam mit Bürgern geplant und gebaut.

Außerdem sieht die Konzeption kleinere Spielplätze in den Wohngebieten vor, die allerdings zum Teil an andere Standorte als bisher verlegt werden sollen. „Wir sind nicht gegen den Großspielplatz. Aber wir wehren uns dagegen, dass so beliebte und gut genutzte Plätze wie im Holdergraben dafür dicht gemacht werden“, sagt Monika Kraft. Sie wohnt direkt neben dem Spielplatz und ist von der Verlegung nicht mehr betroffen. Sohn Fabian ist mittlerweile 17 Jahre alt. Doch genau dieser Spielplatz sei vor neun Jahren ein wichtiges Argument für sie und ihren Mann gewesen, von Stuttgart nach Herrenberg zu ziehen, sagt Kraft. „Das Baugrundstück war ideal. Unser Sohn konnte allein zum Spielen.“

Dies sei für kleinere Kinder nicht mehr möglich, sollte der Platz an den Rand des Wohngebiets verlegt werden, fürchten nun viele Eltern. „200 Meter sind nicht viel, aber für Vierjährige schon“, sagt Kraft. Katharina von Meißner fürchtet die Nähe der geplanten neuen Anlage zur Eisenbahnlinie. „Das ist gefährlich, wenn Kinder auf die Idee kommen, dorthin zu gehen.“ Auch in zwei anderen Wohngebieten haben sich Eltern und Anwohner formiert, um gegen die Verlegung von Spielplätzen zu protestieren. In der Schwarzwaldsiedlung fürchtet man, dass sich auf dem Areal für den Spielplatz – ein ehemaliges Firmengelände – Schadstoffe im Boden befinden.

Bei der Herrenberger Stadtverwaltung, die sich stets stolz als „Mitmachstadt“ präsentiert, versteht man die Aufregung nicht, habe es doch eine umfangreiche Bürgerbeteiligung gegeben. „Es gab Workshops, wie der neue Großspielplatz aussehen soll. Doch die Schließung der Anlagen – das steht nur im Kleingedruckten“, wettert Monika Kraft.

Das stimme so nicht ganz, hält die grüne Fraktionschefin Maya Wulz dagegen. Ihre Fraktion sowie die Freien Wähler zählen zu den engagiertesten Befürwortern der Spielplatzkonzeption. „Die Pläne zur Verlegung sind seit Langen bekannt.“ Und sie gibt zu bedenken: „Das Argument der zentralen Lage ist relativ, je nachdem wo man wohnt.“ Sie plädiert für den Großspielplatz: „Wir brauchen für ältere Kinder und Jugendliche attraktive Treffpunkte.“

Die Jugendlichen liegen auch Monika Kraft am Herzen, doch nicht auf Kosten der kleineren Kinder, betont sie. Mehr als 1000 Unterschriften gegen die Pläne haben die drei Bürgerinitiativen gesammelt. Deshalb hat der Gemeinderat seine endgültige Entscheidung, die noch diesen Monat geplant war, auf nach die Sommerferien vertagt. Bis dahin solle es noch weitere Gespräche mit den Bürgerinitiativen geben, sagt Wulz.

Manche Argumente der Eltern und Anwohner haben bereits Gehör gefunden. So haben die Grünen beantragt, die Verlegung des Spielplatzes in der Schwarzwaldsiedlung zu verschieben. „Erst muss der Boden saniert sein“, so Wulz.