Der Stadtjugendring und der Stadtseniorenrat bieten Smartphone- und PC-Partnerschaften an. 13 Wissbegierige gehen jeweils mit einem jungen Helfer an den Start, um Grundkenntnisse aufzufrischen. Das Projekt ist für einen Bundespreis nominiert.

Herrenberg - Eigentlich bräuchte auch Roland Feil Unterstützung, wenn es um die Handhabe des Smartphones, des Tablets oder des Computers geht. Stattdessen organisiert der Vorsitzende des Stadtseniorenrats – selbstlos wie er ist – zusammen mit Oda Kauffer vom Stadtjugendring für andere Senioren so einen Service. 13  neue Tandems sind am Donnerstagabend gebildet worden, die jeweils aus einem Jugendlichen und einer Person älteren Semesters bestehen. Das Ziel dieser Partnerschaften: Die Senioren sollen lernen, mit ihren Touchscreens, den ewigen Popups und den neuen Formen der Kommunikation besser zurecht zu kommen. Das Projekt wurde für den Bundeswettbewerb „Goldener Internetpreis 2017“ nominiert.

 

Warteliste wird immer länger

„Wenn sie nicht aufpassen, werden die Senioren abgehängt, können keine Theatertickets oder Zugfahrkarten mehr buchen“, sagt Feil. Die Warteliste für die Handy- und PC-Partnerschaften werde immer länger, sagt Feil, die Nachfrage sei enorm. Eine der glücklichen Teilnehmerinnen ist die 78 Jahre alte Ingeborg Munz. „Ich kann zwar telefonieren und auch eine SMS schreiben“, erzählt sie, aber mit dem Smartphone könne man doch noch viel mehr machen. Außerdem möchte sie lernen, Aufnahmen von ihrem Fotoapparat auf den PC zu ziehen oder eine Excel-Tabelle für ihre zahlreichen Adressen anzulegen.

Eine Helferin hat Ingeborg Munz an diesem Abend im Herrenberger Klosterhof rasch gefunden: Es ist Natalie Jung, die das Andreae-Gymnasium besucht. Eine Freundin habe ihr von diesem Projekt erzählt. „Das ist doch cool“, meint die 15-Jährige, „man trifft nette Leute, kann jemandem etwas beibringen und bekommt dabei auch noch ein wenig Geld.“ Mit mindestens 8,50 Euro pro Stunde kann sie ihre Barschaft aufbessern. Fünf Euro davon sind jeweils durch eine Spende des Lionsclubs an den Stadtseniorenrat gedeckt. 3,50 Euro soll jeder Teilnehmer selbst beisteuern. „Wenn er da noch etwas drauflegt, ist das natürlich recht“, sagt Feil.

Manche haben einen Migrationshintergrund

14, 15 und 16 Jahre alt sind die Schüler, viele kommen von der Vogt-Heß-Gemeinschaftsschule, manche haben einen Migrationshintergrund. „Darunter sind auch solche, die nicht gerade zu den besten Schülern zählen“, weiß Feil. Dafür wissen sie genau, wie die Hardware funktioniert und kennen sich mit den verschiedenen Anwendungen aus. „Mit dem Projekt verfolgen wir auch das Ziel, die Jugendlichen zu stärken“, bekräftigt der Seniorenratsvorsitzende. Indem die Selbsterkenntnis greife: „Ich kann ja etwas – und kann das auch vermitteln“. Man hole absichtlich keine IT-Studenten ins Boot. Vielmehr habe die Sozialarbeiterin der Vogt-Heß-Schule einige Schüler vermittelt.

Seit dem Jahr 2011 werden die Partnerschaften angeboten, meist zweimal im Jahr. Die Schüler erhalten eine Einweisung. „Dabei wird ihnen zum Beispiel auch gesagt, dass sie für ihre Partner keine Handyverträge abschließen dürfen“, so Feil. Laut dem Seniorenrat waren die Beteiligten mit dem Projekt bisher stets sehr zufrieden. Lediglich einmal sei es vorgekommen, dass eine Seniorin eine Partnerin abgelehnt habe. Weil die ältere Dame bei der persönlichen Kontaktaufnahme verhindert gewesen sei, habe die Schülerin bei ihr angerufen, um einen Termin zu vereinbaren. „Ihre Stimme erschien ihr am Telefon zu jung“, erinnert sich Feil.

Erst einmal sind zehn Stunden geplant

„Ich wäre fast auch nicht zu dem Vermittlungstreffen gekommen“, verrät Ingeborg Munz, „dann habe ich aber doch Mut gefasst.“ Einmal pro Woche will sie sich nun mit Natalie Jung treffen. Zehn Unterrichtsstunden sind geplant. Am 7. Dezember soll eine Abschlussfeier für die Teilnehmer stattfinden. Wer darüber hinaus noch Knowhow benötigt, kann sich weiter auf eigene Kosten helfen lassen.

Vielleicht sollte auch Roland Feil selbst einmal einen Jugendlichen zurate ziehen. „Manchmal weiß ich nicht weiter“, bekennt er. Dann komme sein Sohn für fünf Minuten vorbei und löse das Problem. „Danach verschwindet er wieder und sagt, er habe keine Zeit, es mir zu erklären.“

Wettbewerb für Internet-Initiativen

Nominierung
: Das Herrenberger Projekt „Jugendliche helfen Senioren“ ist für den Goldenen Internetpreis 2017 nominiert worden. Der Bundeswettbewerb möchte zeigen, welche Wege es gibt, ältere Menschen dabei zu begleiten, in die Onlinewelt einzusteigen.

Wettbewerb
: Die Bewerber können sich für drei Kategorien melden. Der Herrenberger Stadtseniorenrat und der Stadtjugendring nehmen als generationenübergreifende Initiativen teil. Eine weitere Kategorie ist „Ältere unterstützen Ältere“. Ferner werden Kommunen ausgezeichnet, die mit Angeboten Senioren für das Internet begeistern. Dafür sind Preise im Wert von mehr als 20 000 Euro ausgeschrieben. Die Preisverleihung ist am 22. November in Berlin.

Veranstalter:
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, die Vereine Deutschland sicher im Netz und Wege aus der Einsamkeit sowie die Firmen Google, Telekom und SAP sind Partner. Der Bundesinnenminister ist der Schirmherr.