Mira Schwarz hat ihre Amtszeit als Streuobstkönigin um ein Jahr verlängert. Die Herrenbergerin möchte ihre Botschaft unters Volk bringen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)
Herrenberg – - Das Streuobst hat eine königliche Botschafterin verdient, findet Mira Schwarz. Im Oktober vor einem Jahr ist die 20-Jährige aus dem Herrenberger Stadtteil Mönchberg zur ersten Majestät dieser Art im Landkreis Böblingen gekrönt worden. „Es kommt sehr gut an“, ist sie überzeugt. Bis Herbst nächsten Jahres will Mira Schwarz weiter dafür sorgen, dass die heimischen Äpfel in aller Munde sind.
Frau Schwarz, die Ernte im elterlichen Obstbaubetrieb ist vorbei, sind Sie geschafft?
Ich finde die Erntezeit toll. Wenn alle mithelfen, macht es richtig Spaß. Dann ist die ganze Familie zusammen. Weil ich unter der Woche arbeite, konnte ich aber nur am Wochenende helfen. Da bin ich dann dabei, das steht bei uns gar nicht zur Debatte.
Und wie lautet Ihre Bilanz?
Es war eine gute Ernte. Aber wenn der Preis so niedrig wie momentan ist, dann fragt man sich schon, ob es sich lohnt, ob man nicht alles hängen lassen soll. Für 100 Kilogramm haben wir 3,50 Euro bekommen. Für diese Menge braucht man zu viert zwei Stunden, schätze ich. Aber wir haben trotzdem alle unsere Äpfel aufgelesen.
Klingt der Titel Streuobstkönigin unter jungen Leuten cool?
In meinem Bekanntenkreis hat jeder Streuobstwiesen. Meine Freunde fanden es gut, dass ich gewählt wurde. Aber Leuten aus der Stadt muss ich den Begriff oft erst erklären.
Ihnen scheint es viel Spaß zu machen: Sie haben Ihre Amtszeit um ein Jahr verlängert.
Das Schöne an dem Amt ist, dass ich viele Leute kennenlerne – und Ecken des Landkreises, da war ich noch nie. Überhaupt lerne ich sehr viel als Königin. Mit dem Landrat Roland Bernhard habe ich eine Veranstaltung vor rund 400 Zuschauern moderiert. So etwas hätte ich mir früher nie vorstellen können. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Aufgabe bekommen habe. Außerdem wurde ich beim Streuobsttag gewählt – und der findet nur alle zwei Jahre statt. Das Amt soll so lange weitergeführt werden, bis es wieder eine Wahl geben kann.
Hilft die Königin dem Streuobst weiter?
Am Anfang konnte ich es mir nicht vorstellen. Ich habe aber schnell gemerkt, dass es wirklich gut ankommt. Man fällt als Königin einfach auf – mit der Krone und der Schärpe. Man erregt Aufmerksamkeit, kommt ins Gespräch und kann die Botschaft weitergeben. Zum Beispiel bei der Urlaubsmesse CMT in Stuttgart. Die Besucher kommen von überall her, manche habe noch nie etwas von Streuobst gehört.
Was ist Ihre Botschaft?
Dass es sich bei Streuobstwiesen nicht um Intensiv-Plantagen handelt, sondern um hochstämmige Obstbäume unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Sorten. Es gibt so viele Sorten! Viele Menschen denken ja, der grüne Apfel ist der saure und der rote der süße. Dabei ist die Vielfalt riesig. Ich wechsele das Jahr hindurch die Sorten. Zur Erntezeit, wenn die Früchte frisch sind, mag ich Elstar. Mir schmecken aber auch Gewürzluike oder Boskop. Das sind ganz alte Sorten, die viele gar nicht mehr kennen.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Königinnen mit einer Botschaft. Machen Sie sich gegenseitig Konkurrenz?
Ich habe meinen Titel gegoogelt. Es gibt eine Apfelkönigin und bestimmt auch noch andere, die etwas mit Obst zu tun haben. Aber keine weitere Streuobstkönigin. Dass es so viele andere Königinnen gibt, wusste ich gar nicht – bis ich auf einem Fest war, zu dem mehrere Kolleginnen eingeladen worden waren. Eine Wacholderkönigin und eine Käsekönigin unter anderem. Ich empfinde sie aber nicht als Konkurrenz, weil wir alle für ein eigenes Produkt stehen und jede auf ihre Art dafür wirbt. Zumal es sich nicht um schlechte Produkte handelt, sondern meistens um sehr traditionelle und wie im Fall der Streuobstwiesen auch schützenswerte. Vermutlich gäbe es die vielen Königinnen nicht, wenn sie nichts bringen würden.
Warum gibt es eigentlich keine Prinzen?
Das frage ich mich auch! Man sollte die Wahl für Männer und Frauen öffnen. Männer könnten es bestimmt auch. Man wächst in die Aufgabe hinein.
Ist die Streuobstkönigin für Sie wie eine Rolle für einen Schauspieler?
Wenn ich das Outfit anziehe, schlüpfe ich schon in einen anderen Charakter. Als Königin repräsentiert man, das mache ich als Privatperson natürlich nicht. Für mich ist die Aufgabe wie ein Hobby. Ich mache es wirklich gerne. Weil ich mit den Streuobstwiesen aufgewachsen bin. Weil ich weiß, wie schön unser Landschaftsbild dadurch ist. Weil ich immer sonntags dort mit meiner besten Freundin spazieren gehe. Zuhause haben wir nur eigene Äpfel, eigenen Saft. Ich habe noch nie ein gekauftes Apfelmus gegessen – und das finde ich schön.
Hat die Streuobstwiese eine Zukunft?
Klar, ich stehe dafür. Sie sollen erhalten werden. Aber ich weiß auch, dass es schwierig ist. Ich sehe, wie viel Arbeit es ist: Man muss die Wiesen das ganze Jahr über pflegen, sie mähen, die Bäume schneiden, düngen. Im Sommer ist es ein Vollzeit-Job. Aber es gibt gute Initiativen: Wenn zum Beispiel jeder nur noch Landkreis-Apfelsaft trinken würden, wären wir schon ein Stückchen weiter. Für 100 Kilogramm werden dafür 7,50 Euro bezahlt. Vielleicht wird es eines Tages wieder lohnenswert.