Bei der Herz-Party haben Menschen mit Behinderung aus der ganzen Region im lockeren Disco-Rahmen die Möglichkeit, freundschaftliche Kontakte, vielleicht auch Partnerschaften aufzubauen.

Winnenden - So gegen acht Uhr wird es richtig voll im BBW-Freizeithaus der Paulinenpflege im Schelmenholz: Die Partybesucher aus Tübingen – 30 Mann und Frau stark – sind angekommen: Menschen mit Behinderung samt Betreuern, angereist zur inzwischen achten Herz-Party in Winnenden. Und dort treffen sie auf viele weitere behinderte Menschen aus dem gesamten Rems-Murr-Kreis, aus Stuttgart oder aus dem Ostalbkreis.

 

Ein Abend lang Spaß und ein kurzer Flirt kann es werden, bei der Herz-Party, vielleicht aber auch ein dauerhafter Kontakt und feste Freundschaft, erklärt Marion Grimm von der Paulinenpflege, die das Angebot für diese Art der Herzenssachen bei behinderten Menschen mit aufgebaut hat. Und Nachfrage und Resonanz werden immer stärker, berichtet auch der Mitorganisator Marcel Swoboda. Mehr als 100 Menschen mit Behinderung sind es inzwischen, die quasi regelmäßig zur Herz-Party im Herbst oder zu dem im Frühjahr veranstalteten Herz-Café kommen.

Zu Start gibt es ein Kennenlernprogramm

Entspannter Schwof bei heißen Rhythmen auf der Tanzfläche ist natürlich angesagt bei der Herzparty. Allerdings erst, nachdem bei diversen Kennenlernspielen, Altersgruppensortierung oder regionaler Gruppenbildung die Partygäste einander vorgestellt und etwas sortiert worden sind. „Die Frauen kommen mal zur Bühne und die Männer sammeln sich da drüben“, startet die von einer in Gebärdensprache kommunizierenden Kollegin unterstützte Moderatorin den anstehenden Schwof der Kennenlern-Paare. Und bald sind da auch die ersten Pärchen mit sichtlicher Begeisterung am Tanzen.

Nicht nur auf der Tanzfläche soll es allerdings bei der Herz-Party heiß hergehen, vor dem Tanzsaal hat sich der „Flirtengel“ platziert. Mit seiner Hilfe trauen sich erfahrungsgemäß auch die Schüchternen, Kontakte zu anderen Partyteilnehmern aufzubauen. „Hallo schöne Frau“ kann da im Herzbrief angekreuzt werden, oder eben auch „Hallo schöner Mann“ – und zusätzlich der Wunsch nach einem gemeinsamen Tanz oder einfach aufs Kennenlernen.

An der Wand hängt die Flirt-Tafel, an der dann zu ersehen ist, ob die eigene Nummer, mit der jeder Teilnehmer ausgestattet ist per Brief womöglich schon flirttechnisch gefragt ist. Im extra eingerichteten Kontaktbüro unterstützen Helfer die Kontaktwilligen außerdem, damit am Ende der Party auch die Adressen und eventuell die Handy-Nummern ausgetauscht werden können. Für die gehörlosen Teilnehmer übersetzt auch hier eine Gebärdensprachdolmetscherin die Flirts in Gebärdensprache, damit „es trotz Herzklopfen keine Kommunikationsprobleme gibt“.

Am Anfang war derWunsch nach mehr Chancen zum Kennenlernen

Entstanden sind die Veranstaltungen zum Kennenlernen vor rund acht Jahren auf vielfachen Wunsch seitens der Menschen mit Behinderung, berichtet Marion Grimm zur Geschichte der Winnender Herz-Party. Die Möglichkeiten in den eigenen Einrichtungen oder Werkstätten neue Menschen kennenzulernen, seien eben sehr begrenzt. „Und einfach irgendwo in einem Café andere Leute ansprechen, das können die Betreffenden natürlich nicht.“

Nach den ersten Erfolgen sei die eigene Party inzwischen lediglich eine Veranstaltung unter vielen, bei denen sich Menschen mit Behinderung kennen und lieben lernen können. Da gebe es im regionalen Flirtverbund zusätzlich auch die Single-Party der Stuttgarter Lebenshilfe und die Kennenlernparty der Diakonie Stetten. In Ludwigsburg öffne grade das Kennenlern-Café im Atrio und ganz neu mit dabei sei auch die WEK-Disco der Werkstätten Esslingen-Kirchheim, erzählt Marcel Swoboda: „So alle zwei Monat gibt es für unsere Leute inzwischen solche Chancen, jemanden kennen zu lernen.“