Arbeitslose Migranten mit Suchtproblemen fallen oft durchs Hilfenetz der Jobcenter. Nun hat das Kulturwerk Ost ein neues Projekt gestartet und einen türkischen Sozialarbeiter als Ansprechpartner engagiert. Es scheint zu funktionieren.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Ost - Noch keine drei Monate läuft im Kulturwerk Ost das Projekt „Migranten und Sucht“ und Faruk Özkan sieht schon die ersten Früchte seiner Arbeit. Der Türke arbeitet bei der Suchtberatungsstelle Release Stuttgart, ein Kooperationspartner des Kulturwerks für dieses Projekt. „Für Migranten ist es leichter, mit mir zu sprechen“, sagt Özkan. Sie fühlen sich bei ihm sicherer, er ist einer von ihnen. „Ich fühle mich in der Vermittlerposition“, fährt er fort. Inzwischen konnte er eine gewisse Kontinuität feststellen, es kommen mehr Migranten und vor allem regelmäßiger.

 

Menschen mit Migrationshintergrund sind in Deutschland häufiger arbeitslos. Besonders schwierig wird der Einstieg in die Arbeitswelt, wenn ein Suchtproblem besteht. Auf dieses Problem reagiert das Kulturwerk Ost des Sozialunternehmens Neue Arbeit zusammen mit dem Kooperationspartner Release Stuttgart sowie dem soziokulturellen Forum für ehemalige Drogenabhängige Wilde Bühne. Der Europäische Sozialfonds fördert das Projekt für ein Jahr.

Jahrelange Erfahrung mit Langzeitarbeitslosen

Im Kulturwerk hat man seit über 16 Jahren Erfahrung in der Integration und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen. „Wir bieten verschiedene Arbeitsbereiche an“, erklärt der Fachbereichsleiter Armin Markmeyer. In der Gastronomie, im Veranstaltungs- und Kulturbereich können sich Langzeitarbeitslose beruflich qualifizieren, um später auf den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln. Vermittelt werden sie über das Jobcenter. Gemeinsam ist den Teilnehmern, dass sie beruflich bisher gescheitert sind. „Den meisten mangelt es an einer Ausbildung, nicht an Fertigkeiten“, sagt Markmeyer. Fast alle haben Suchtprobleme. Bisher seien spezielle Angebote für suchtkranke Migranten in den Sozialunternehmen in Stuttgart jedoch kaum vorhanden. Diese Lücken wolle man nun schließen, sagt der 54-Jährige.

Lange haben er und die anderen Mitarbeiter des Kulturwerks überlegt, was mit dem eigenen Angebot nicht stimmt. „Unter den Migranten hatten wir eine deutlich höhere Abbrecherquote und wesentlich weniger Vermittlungen auf den ersten Arbeitsmarkt“, berichtet Markmeyer. Es habe etwas gefehlt, was Stabilität gebe. Der türkischstämmige Sozialarbeiter Özkan kann diese Stabilität offenbar geben.

40 Prozent der Klientel des Kulturwerks sind Migranten

Zwischen 25 und 35 Jahren sind die meisten Arbeitslosen, die ins Kulturwerk kommen. Rund zwölf von ihnen betreut Özkan seit Jahresanfang. Allerdings kümmert er sich nicht nur um jene, die da sind, wenn er einmal wöchentlich vor Ort ist. Er vermittelt auch suchtkranke Migranten an das Kulturwerk. Insgesamt sind rund 40Prozent der Teilnehmer an den Maßnahmen des Kulturwerks Migranten.

Das Ziel ist, den Menschen durch Arbeit eine Perspektive zu geben. Erwiesen sei, dass dies eine gute Prophylaxe gegen Rückfälle biete, sagt Markmeyer. Parallel dazu können die Migranten an dem interaktiven Theaterprojekt der Wilden Bühne teilnehmen. „Dort können sie interkulturelle Konflikte klären und aufarbeiten“, sagt Özkan. Manchmal seien schließlich nur kleine Missverständnis in der Verständigung Auslöser für Probleme.