„Hilfe für den Nachbarn“, die Spendenaktion der Stuttgarter Zeitung, unterstützt auch Projekte – zum Beispiel den Chor des Frauenunternehmens Zora, der viel mehr fördert als den Gesang.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Singen macht Spaß. Das gilt insbesondere, wenn Jeschi Paul den Ton angibt und Klaus Rother am Piano sitzt. Bis zu 30 Frauen, die beim Sozialunternehmen Zora eine Ausbildung für den Einzelhandel machen, im Verkauf oder hinter den Kulissen arbeiten, üben ihre Stimme unter der Regie der temperamentvollen Gesangslehrerin, die außerdem in mehreren Bands singt.

 

Freude am Klang der Stimme

Ihren eigenen Trailer haben die Frauen gedichtet, und Jeschi Paul bringt Groove in jedes Musikstück – keine Minute steht sie still, sondern tänzelt und feuert an: „Wir sind im Zora-Chor und haben heute viel vor. Wir freuen uns am Klang unserer Stimmen.“ Und das singen die Frauen in allen vertretenen Sprachen: Persisch, Türkisch, Französisch, Tagalog von den Philippinen – die tschechische Stimme kommt bei dieser Probe zu spät – und die Stimme aus der Eifel gehört Waltraut Streit, der Geschäftsführerin von Zora.

Neues Lebensgefühl

Sie betont, dass das Chorprojekt im Frauenunternehmen, das mehrere Sozialkaufhäuser und eine eigene Kita betreibt, mehr als nur dem Spaß allein dient. Viele der Teilnehmerinnen erfahren hier beim Singen ein ganz neues Lebensgefühl: Die eigene Stimme zu erheben, laut zu sein und vielleicht sogar ein Solo vor anderen zu wagen, sind völlig neue Herausforderungen. Die meisten Frauen, die auf dem zweiten Arbeitsmarkt bei Zora eine Zukunft finden können, haben einiges hinter sich: Gewalt in der Kindheit, in der Ehe, Demütigungen, Wohnungslosigkeit, Drogenprobleme, Essstörungen.

Projektspende für den Chor

Der Chor ist Aufbauarbeit im besten Sinne. „Hilfe für den Nachbarn“ hat mit einer Projektspende dies ermöglicht, denn die Musiker bekommen für ihr Engagement ein kleines Honorar. „There ist Sunshine“ intoniert Jeschi Paul, und das ist programmatisch – wenn auch anspruchsvoll, denn das Stück ist ein dreistimmiger Kanon. Die Chorleiterin gibt zu: „Das ist ganz schön schwierig“, aber macht Mut, damit es klappt, und das tut es auch. Dann kommt die Feinarbeit: „Wir haben doch ausgemacht, dass wir an einer Stelle nicht atmen!“ sagt sie. Es soll schön klingen. Deshalb erklärt sie bei dieser Probe, wie man lange Phrasen singt, ohne Luft zu holen: „Aufrecht sitzen, nicht anlehnen, die Knochenbögen fassen und spüren, da hineinatmen.“ Es herrscht angestrengte Aufmerksamkeit. Noch einmal singt der Chor „There is Sunshine“ – in drei Gruppen. „Achtung, jetzt kommt die Stelle! Reinatmen!“ Es ist vollbracht, und manche Sängerin könnte mit ihrem Luftvorrat einen Tauchgang hinter sich bringen.

Disziplin wird nebenbei geübt

„Wir studieren hier einfache, rhythmische Songs ein. So ein bisschen Weltmusik in verschiedenen Sprachen ist dabei. Deutsch ist unser kleinster gemeinsamer Nenner. Englisch können nicht alle“, charakterisiert Jeschi Paul die Gegebenheiten und ihr Konzept. Das geht sichtlich auf, denn alle kommen wieder.

Der Chor ist gemischt, und jede Frau kann mitmachen. Vorsingen gibt es nicht. Auch die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und die Geschäftsführerin singen mit, der weitaus größere Teil sind aber Frauen, die über das Jobcenter zu Zora gekommen sind und hier in einer sogenannten Arbeitsangelegenheit tätig sind. „Es ist wichtig, dass sich hier Frauen etwas trauen, die sonst keine Stimme haben“, sagt Waltraut Streit. Auch Disziplin wird bei den Proben am Vormittag geübt – dank Jeschi Pauls Charme und Temperament wirkt dieser geheime Lehrplan, ohne dass es die Teilnehmerinnen als Übung empfinden.

Waltraut Streit singt zwar gerne mit, beobachtet jedoch genau, um später die Frauen bei ihren Bewerbungen zu unterstützen: „Man sieht hier sehr deutlich, wo die Vermittlungshemmnisse für den Arbeitsmarkt liegen“, sagt sie.

Hilfe für den Nachbarn

Das Spendenkonto:
IBAN DE53 6005 0101 0002 2262 22
BIC SOLADEST600
Kennwort: „Hilfe für den Nachbarn“

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