Der Chef des Europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, zeigt sich zuversichtlich, dass Griechenland schon vor 2018 wieder Zugang zu den Kapitalmärkten findet. Die Eurostaaten wollen die Schuldentragfähigkeit mit einer neuen Berechnungsmethode nachweisen.

Berlin - Der Chef des Europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, rechnet damit, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) am dritten Hilfspaket für Griechenland mit bis zu 16 Milliarden Euro beteiligt. Der IWF will eine Entscheidung über sein Engagement zwar erst im Herbst fällen, aber Regling zeigte sich zuversichtlich. Da Athen die Auflagen aus dem zweiten Hilfsprogramm nicht erfüllte, stehen noch 16 Milliarden Euro an IWF-Mitteln zur Verfügung, die nicht abgerufen wurden. Diese Summe sei ein Anhaltspunkt für den Beitrag des IWF, sagte Regling in Berlin.

 

Die Eurostaaten hatten vor einer Woche ein Hilfsprogramm über 86 Milliarden Euro und dreijähriger Laufzeit bewilligt. Sie hoffen darauf, dass sich der IWF noch anschließen wird. Auf die Beteiligung des Währungsfonds legt vor allem die Union im Bundestag Wert.

Regling wies darauf hin, dass der Währungsfonds in Washington seine Beteiligung an der Eurorettung schon in den vergangenen Jahren zurückgefahren habe. Während der IWF beim Ausbruch der Griechenlandkrise im Jahr 2010 noch ein Drittel der Rettungshilfen beisteuerte, betrug dessen Anteil beim späteren Hilfspaket für Zypern nur noch zehn Prozent. „Der Finanzanteil des IWF wird geringer“, sagte Regling. Die zögerliche Haltung erklärt sich durch wachsende Widerstände der Entwicklungs- und Schwellenländer, die der Auffassung sind, die Europäer sollten ihre Probleme allein lösen.

Schuldentragfähigkeit Griechenlands ist ein Knackpunkt

Regling zeigte sich optimistisch, dass die Eurostaaten die Forderungen des IWF erfüllen können. Die geschäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, hatte von den Euroländern signifikante Schuldenerleichterungen für Hellas gefordert. Grund dafür ist, dass der IWF nach seinen bisherigen Regeln seine Kreditzusagen von der sogenannten Schuldentragfähigkeit eines Staates abhängig macht. Bei den Hilfszusagen für Griechenland verlangte der IWF im Jahr 2012, dass Athen binnen zehn Jahren seine Schuldenquote auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts senkt. Mittlerweile liegt die Schuldenquote Griechenlands jedoch bei 200 Prozent, so dass ohne Schuldenerleichterungen das IWF-Kriterium nicht erreichbar ist. Bei den Euroländern und dem IWF steht Griechenland mit insgesamt 312 Milliarden Euro in der Kreide – auf diese Summe belaufen sich die drei Hilfsprogramme. Trotz des hohen Kreditvolumens erwartet ESM-Chef Regling, dass Griechenland bei einer konsequenten Umsetzung der Reformen vor der Jahresmitte 2018 Zugang zu den Kapitalmärkten findet. Zu diesem Zeitpunkt läuft das Hilfsprogramm aus. Regling begründet dies damit, dass andere Länder, die vom europäischen Rettungsfonds gestützt wurden, schnell auf Kurs kamen. Dazu zählen Irland, Portugal, Spanien und Zypern.

Aus Reglings Sicht lägen Eurostaaten und IWF bei der Beurteilung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands nicht weit auseinander. Bisher ist im dritten Hilfsprogramm für Athen vorgesehen, dass die Kreditlaufzeiten 32,5 Jahre betragen. Mit längeren Kreditlaufzeiten, Zinsstundungen und dem Rückfluss von Zentralbankgewinnen mit griechischen Staatsanleihen wollen die Europäer die Vorgaben des IWF erfüllen. Dies soll mit einer Änderung der Berechnungsmethoden erreicht werden. Schon Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte im Bundestag angekündigt, dass es bei der Prüfung der Schuldentragfähigkeit künftig nicht mehr auf den Schuldenstand eines Landes ankommen soll. Als neues Maß sollen die Zins- und Tilgungszahlungen herangezogen werden, die ein Euroland jährlich im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt aufwendet. Da die Gläubiger im Falle Griechenlands die Zinsen ermäßigten und Tilgungszeiten auf Jahrzehnte hinaus streckten, sei der Schuldendienst für Griechenland auf einem erträglichen Niveau. Regling sagte, der Währungsfonds habe der neuen Berechnungsmethode bereits zugestimmt.

In den bevorstehenden Neuwahlen in Griechenland sieht der ESM keine Gefahr für den Sparkurs. Regling rechnet damit, dass Reformkräfte in den Wahlen gestärkt würden. „Ich sehe künftig mehr Unterstützung für das Hilfsprogramm als bisher.“