Die Baugenossenschaft Neues Heim möchte an der Fleiner Straße 75 neue Wohnungen schaffen. Doch das Projekt ruht. Erst einmal muss das Landesdenkmalamt das Grundstück genauer unter die Lupe nehmen.

Zuffenhausen-Rot - „Baustelle, betreten verboten!“, steht auf einem Schild an der Fleiner Straße in Rot. Rund um die Gebäude 6 bis 16 wurde ein Zaun gezogen. Die Baugenossenschaft Neues Heim möchte dort fünf Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 75 neuen Wohnungen erstellen lassen. Die aktuell 60 Wohnungen sind laut der Baugenossenschaft nicht mehr zeitgemäß. Das Gebäude habe keinen Aufzug. Der Schallschutz sei schlecht, und es gebe noch Nachtspeicheröfen.

 

Der Abriss der bestehenden Gebäude hätte laut Zeitplan eigentlich Anfang des Jahres schon beginnen sollen. Doch noch ist nichts passiert. „Wir sind drei bis vier Monate in Verzug“, gibt Markus Vogel von der Baugenossenschaft zu. Das liege daran, dass im Vorfeld zu den Bauarbeiten Schürfungen des Landesdenkmalamtes stattgefunden hätten und dabei tausende Jahre alte Knochen und Scherben gefunden wurden. „Der Bagger darf jetzt nicht einfach so auf dem Gelände graben. Wir müssen behutsam, Schritt für Schritt vorgehen und den Boden abtragen“, sagt Vogel. Man habe nicht zwingend erwartet, dass die Behörde etwas finde, schließlich seien ja ungefähr 70 Prozent der Fläche schon in den 1950er Jahren überbaut worden.

Jungsteinzeitliche, eisenzeitliche und römische Keramik gefunden

Und schon damals wurde das Landesdenkmalamt fündig, wie Katja Lumpp, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Stuttgart, auf Nachfrage erklärt: „Seit den 1950er Jahren sind im Bereich der geplanten Neubaumaßnahmen Siedlungsfunde aus der Latène- und Römerzeit, ein Grab aus der Latènezeit sowie ein Einzelfund aus der Hallstattzeit bekannt.“ Somit habe man also unter anderem Reste aus der frühen keltischen und späten keltischen Epoche gefunden. „Tatsächlich sind diese Funde teilweise mehr als 2500 Jahre alt“, sagt Lumpp. Gestoßen sei man damals unter anderem auf eine römische Münze, einen frühkeltischen Bronzering und ein latènezeitliches Skelett, das erst 2011 mit Hilfe der Radiocarbonmethode datiert wurde. Die Funde seien im zentralen Archiv des Archäologischen Landesmuseums in Rastatt. Dort sollen auch die neuen Fundstücke aus der Fleiner Straße gelagert oder ausgestellt werden, nachdem sie im Landesdenkmalamt gereinigt und gegebenenfalls restauriert wurden. „Im Zuge der geplanten Neubebauung an der Fleiner Straße ließ im Januar ein langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege in dem Streifen zwischen den ehemaligen Wohnhäusern und den Garagen einen Sondageschnitt anlegen und konnte fünf Grubenbefunde dokumentieren“, erzählt Katja Lumpp. Die gefundene jungsteinzeitliche, eisenzeitliche und römische Keramik sei noch älter als die Stücke, die in den 1950er Jahren ans Tageslicht kamen. Diese würden ebenfalls aus der Jungsteinzeit (Neolithikum) stammen, der Zeit der ältesten sesshaften Bauernkulturen. „Es handelt sich dabei wahrscheinlich um die Überreste einer sehr ausgedehnten Siedlung aus der älteren Bandkeramischen Kultur, die über 7000 Jahre alt sind“, sagt die Pressesprecherin. „Damit ist jetzt bewiesen, dass die neolithische Siedlung noch weiter nach Westen reichte und dass in dem Bereich, der neu bebaut werden soll, mit weiteren archäologischen Befunden und Funden zu rechnen ist.“ Um diese wichtigen Zeugnisse der Vergangenheit zu dokumentieren, werde es im Vorfeld der Baumaßnahmen eine Rettungsgrabung geben.

So viel Verständnis wie man beim Neuen Heim für die Funde und das Vorgehen des Landesdenkmalamtes hat, ärgerlich ist es für die Baugenossenschaft dennoch: „Uns entstehen immense Kosten“, sagt Markus Vogel. Wie teuer es genau werde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Zudem rechne er aber damit, dass die Arbeiten am Rohbau erst im August beginnen können. Geplant war, Anfang April loszulegen.