Die Göppinger Landmaschinenfabrik Speiser ist Geschichte, doch ihre Werbung aus den sechziger Jahren ist sehenswert. Sie spiegelt ein Stück Zeitgeschichte wider.

Göppingen - Per Zufall ist Peter Blum auf ein besonderes historisches Dokument gestoßen: ein Werbefilm der Göppinger Landmaschinenfabrik Wilhelm Speiser aus den sechziger Jahren. Der 45-minütige Streifen verpackt seine Werbebotschaft in die Geschichte zweier Freunde, die den Hof eines ihrer Väter übernehmen und, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können, modernisieren wollen. „Dieser Film hat Kinoqualität und ist sehr sehenswert, er wurde auch im Filstal gedreht“, sagt Blum, ein Kenner der Göppinger Industriegeschichte. Bei der Aufführung des Films mit dem Titel „Rationalisieren, aber wie?“ an diesem Mittwoch skizziert er die Geschichte der Firma, die im Jahr 1970 knapp ein Jahrhundert nach ihrer Gründung für immer ihre Pforten schloss.

 

Mechanisierung macht Höfe konkurrenzfähig

Das Ende eines anderen, großen Göppinger Unternehmens führte Blum vor einigen Jahren auf die Spur dieses Films. Bei einer Veranstaltung über die Abwicklung der Firma Holz Weber, die er und Thilo Keierleber filmisch und fotografisch dokumentierten, hatte er bedauert, dass es von vielen früheren Göppinger Firmen keine Dokumente mehr gebe, so auch von Speiser. Zufällig befand sich ein Mann im Publikum, der im Vertrieb der Landmaschinenfabrik gearbeitet hatte. Er habe noch Filme von Speiser, erklärte er. Die Filme – es handelt sich um insgesamt drei Streifen– wurden digitalisiert und werden nun im Stadtarchiv aufbewahrt.

Die Filme spiegeln ein Kapitel Zeitgeschichte wider. „Es gab in den sechziger Jahren einen gewaltigen Umbruch in der Landwirtschaft“, sagt Blum. Die kleinteiligen Höfe in Süddeutschland hätten der wachsenden Konkurrenz nur durch eine zunehmende Mechanisierung standhalten können. So habe sich Speiser zunächst einen Namen mit der Herstellung stationärer Dreschmaschinen gemacht. Noch wichtiger sei die Entwicklung eines Feldhäckslers gewesen. Er ermöglichte es den Bauern, Heu und Stroh an Ort und Stelle zu häckseln und mittels eines Gebläserohrs auf den Ladewagen zu befördern. „Das war ein großer Fortschritt, weil nun einer allein die Arbeit von drei bis fünf Leuten erledigen konnte“, erläutert Blum.

Filme wurden in den Dörfern gezeigt

Die Werbefilme wurden auf Messen und in den Dörfern gezeigt. „Der Vertrieb ist damals am Wochenende mit den Filmen von Ort zu Ort gefahren“, erzählt Blum. Für Göppingen sei Speiser so bedeutend gewesen wie die Maschinenfabrik Boehringer. Gegründet wurde das Unternehmen 1848 von Friedrich Rapp dort, wo sich heute das Arbeitsamt befindet. Im Jahr 1874 wurde die Firma von Wilhelm Speiser übernommen. Rapp hatte kapituliert, weil das Unternehmen nach einem Großbrand in Finanzschwierigkeiten geraten war.

40 Beschäftigte zählte die Fabrik anfangs, 1910 waren es 500. Um ausreichend Platz für die Produktion der Maschinen zu haben, war das Unternehmen acht Jahre zuvor auf ein Areal im Zwickel der Post- und Geislinger Straße umgesiedelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann langsam der Niedergang. Die wachsende Konkurrenz und die schwindende Bedeutung der Landwirtschaft führten dazu, dass Speiser im Jahr 1970 die Produktion einstellte.