43,2 Grad wurden unlängst in Rio de Janeiro gemessen. Doch nicht nur das bringt die Brasilianer zum Schwitzen: Die Hitze im Gastgeberland der Fußball-WM 2014 dominiert alles – von der Politik bis zum Strandleben.

Rio de Janeiro - Eine Hitzewelle überrollt Brasilien. In Rio de Janeiro bleibt der Strom weg, selbst der internationalen Flughafen liegt zeitweise im Dunklen, die Klimaanlagen fallen immer wieder aus – und Brasilien debattiert, wer schuld ist.

 

Dass die Fußball-WM 2014 oder die Olympischen Spiele zwei Jahre später durch „apagão“, Stromausfall, beeinträchtigt werden, ist unwahrscheinlich, denn sie finden im brasilianischen Winter statt. Aber das unbeliebteste Lehnwort aus dem Englischen ist wieder mal „blecaute“, Blackout. Viele Brasilianer fragen sich, ob ihr Land wirklich fit ist für die Großereignisse. Denn allein seit September sind in Brasilien sechsmal die Lichter großflächig ausgegangen. Am 15. Dezember zum Beispiel lagen 12 der 26 Bundesstaaten bis zu zwei Stunden im Dunklen.

Der heißeste Tag seit Beginn der Messungen

Damals hieß es, ein Blitzschlag sei schuld – „lächerlich“, knurrte Präsident Dilma Rousseff jetzt vor Journalisten. Die Schwierigkeiten gingen auf „menschliches Versagen“ zurück, weil das System schlecht gewartet sei, sagte sie mit deutlicher Kritik an den zuständigen Behörden. Neuanschaffungen einzelner Komponenten würden bevorzugt, und darüber vernachlässige man die Instandhaltung des Bestehenden. Aber auch wenn der Wasserstand in den Stauseen niedrig sei, brauche sich Brasilien nicht auf Rationierungen einzustellen.

In Rio de Janeiro war der Mittwoch mit 43,2 Grad der heißeste Tag seit Beginn der regelmäßigen Messungen 1915, und bis ins neue Jahr soll es heiß bleiben. Auf dem internationalen Flughafen fiel für zehn Minuten der Strom völlig aus, die Passagiere gerade gelandeter Maschinen wurden mit Taschenlampen ins Terminal geleitet. Bis sich die Lage normalisiert hatte, dauerte es zwei Stunden. Die Klimaanlage funktionierte erst nach 12 Stunden wieder normal.

47 Grad in der Nationalbibliothek

Auch der in letzter Zeit renovierte und erweiterte Stadtflughafen ist eine Sauna, weil die Klimaanlage immer wieder streikt. Die Polizei begann daraufhin zu ermitteln, ob bei der Renovierung gepfuscht und öffentliches Geld veruntreut wurde. Die prominente, für ihre konservativen Ansichten bekannte Schauspielerin Regina Duarte, die am Donnerstag dort ebenfalls wartete, rief dagegen „Hoch lebe Belo Monte!“ aus – eine Anspielung auf das weltweit umstrittene riesige Wasserkraftwerk in Amazonien. Die Hitze im Terminal zeige, wie nötig es sei, mehr Kraftwerke zu bauen.

Weniger Schlagzeilen machten dagegen die Proteste von Bewohnern zweier Favela-Gebiete, die aus Verärgerung über fehlenden Strom Gummireifen und Holz auf nahen Durchgangsstraßen in Brand setzten und Polizisten angriffen, die Tränengas einsetzten. In mindestens acht Vierteln von Rio fiel der Strom aus – teils von 17 Uhr bis zum nächsten Morgen. In der Nationalbibliothek von Rio herrschten Temperaturen von bis zu 47 Grad. Die größte Bibliothek Lateinamerikas hat zwar seit November eine neue Klimaanlage, aber sie funktioniert noch nicht.

In den Elektrogeschäften sind Ventilatoren und Klimageräte knapp geworden. Was jedoch, wie stets in Brasilien, bestens klappt, ist die flexible Anpassung der Preise an die Nachfrage: An den Stränden stieg der Preis für die gekühlte Kokosnuss von umgerechnet 1,30 Euro auf 1,85.