Bei Temperaturen um die 50 Grad sind in Indien und Pakistan mindestens 500 Menschen gestorben. Wie immer leiden die Armen am meisten, während die Reichen in die Berge flüchten – oder ins verregnete Europa.

Neu Delhi - Eine mörderische Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 48, vereinzelt sogar 52 Grad Celsius hat in Indien und Pakistan unzähligen Menschen das Leben gekostet. Allein im indischen Bundesstaat Andhra Pradesch starben mindestens 500 Männer, Frauen und Kinder durch einen Hitzschlag. andere Quellen nennen 800 Opfer. Bei den meisten Toten handelt es sich um bitterarme Tagelöhner und Arbeiter, denen keine andere Wahl blieb, als in der gleißenden Sonne zu arbeiten, um ihre Familien zu ernähren.

 

Bereits seit zwei Wochen werden Teile Indiens und Pakistans von einer rekordträchtigen Hitzewelle heimgesucht. Am Montag gab es im Norden der beiden Länder immerhin eine Verschnaufpause von den Glutofen-Temperaturen. Das Thermometer sank auf 41 bis 43 Grad.

In der pakistanischen Metropole Lahore fiel bereits am Sonntag Regen, die Menschen strömten in Massen aus ihren Häusern, um die frische Luft und die Kühle zu genießen. Doch im Westen Indiens hält die Gluthitze unvermindert an. Vielerorts verschärfen Stromausfälle die Lage, weil Klimaanlagen, Wasserkühler und Ventilatoren den Energiebedarf dramatisch in die Höhe treiben.

Die Krankenhäuser sind überfüllt

In Pakistan sind Stromausfälle von bis zu 18 Stunden ohnehin Alltag. Am Sonntag zogen in Peschawar Hunderte von aufgebrachten Menschen auf die Straße und blockierten den Verkehr. Auch in Teilen Indiens blieb der Strom weg. In Uttar Pradesh hatten bereits in der vergangenen Woche verzweifelte Menschen die Büros und Angestellten von Stromfirmen attackiert, um die Verantwortlichen zum Handeln zu zwingen. „Es gibt kein Wasser, weil ohne Strom die Wasserpumpen nicht arbeiten. Kleine Kinder schreien“, sagte etwa der Dorfbewohner Shankuntala Rastogi. „Erst nach unseren Protesten wurde die Stromverbindung repariert.“

Krankenhäuser berichten über einen Ansturm von Hitzekranken. Viele Menschen klagten über Durchfall und Erbrechen. Besonders Kinder seien betroffen. In Lahore sind wichtige Medikamente ausgegangen. Mit den Temperaturen stiegen auch die Ozonwerte in den überfüllten, oft versmogten Städten auf alarmierende Werte. Viele Bewohner klagen über gereizte, brennende Augen und Atemwege.

Die Gluthitze und die gnadenlose Sonne halten die Menschen in ihren Häusern gefangen. „Wir können nicht rausgehen. Wir sitzen den ganze Tag drin“, sagt die 24-jährige Rekha, die mit ihrer Familie in Bhogal, einem der ärmeren Viertel Neu Delhis, lebt. Während die Bessergestellten dank Klimaanlagen zumindest ihre Wohnungen auf ein erträgliches Maß herunterkühlen können, haben die Ärmeren nur Ventilatoren. Und viele noch nicht einmal das.

Glücklich ist, wer sich eine Klimaanlage leisten kann

Durch die Dauerhitze erhitzen sich Wände und Fußböden derart, dass sie auch nachts unentwegt weiterheizen. „Nachts ist die Hitze am schlimmsten“, sagt Rekha. Dann wälze sie sich oft stundenlang schlaflos umher. „Auch der Strom fällt immer wieder aus.“ Abends wässern sie und ihre Familie den Fußboden, damit er ein wenig auskühlt, und schlafen dann auf dem nackten Zement. „Das ist kühler als auf Matten. Was sollen wir denn sonst tun?“ Andere wickeln sich in feuchte Tücher ein oder flüchten zum Schlafen auf die Hausdächer. Doch auch das bringt in Städten, wo sich die Hitze staut, nur wenig Erleichterung.

Besser dran sind die Reichen, die in klimatisierten Autos durch die Gegend fahren. Die wirklich Betuchten wohnen ohnehin in grüneren Nobelvierteln, wo die Temperaturen ein bis drei Grad tiefer liegen als in den dicht besiedelten Stadtvierteln der Ärmeren. Andere haben luxuriöse Landvillen vor den Toren der Städte mit Pools und riesigen, parkähnlichen Gärten, wo es zumindest nachts leichter abkühlt.

Wer es sich leisten kann, flüchtet im Sommer auch gerne in Bergregionen wie Kaschmir oder Ladakh oder ganz außer Landes. Nach Angaben von Reisebüros sind die Buchungen in den hitzegeplagten Regionen rasant in die Höhe geschossen. Viele ziehe es ins kühlere Europa, während andere zum Strandurlaub ins deutlich wohltemperiertere Thailand reisen. Laut Medien gab es im Mai zuletzt vor über einem Jahrzehnt eine solche Hitzewelle. „Das ist die Klimaerwärmung“, glaubt der Ladenbesitzer Anil Malik aus Neu Delhi. „Das Schlimmste steht uns noch bevor.“ Doch eine Debatte gibt es in den Medien kaum. „Wir müssen es einfach ertragen.“