Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Die Zahnradbahn ist in Degerloch angekommen, und auch das Gespräch bekommt auf dem Weg zurück zum Marienplatz eine Wendung. „Ich spreche jetzt über einen Tiefpunkt, der alle andere Misserfolge relativiert“, sagt Martin Heuberger, der darauf gewartet hat, diese Geschichte zu erzählen.

 

Es ist die Geschichte von Sebastian Faißt. „Ich denke oft an ihn“, sagt Martin Heuberger, „bei der WM ist mir in den Sinn gekommen, dass Sebastian wahrscheinlich dabei wäre, wenn er noch leben würde.“ Sebastian Faißt war eines der größten deutschen Handballtalente. Der junge Mann aus dem Schwarzwald ist für den Nachwuchstrainer Martin Heuberger ein ganz besonderer Spieler. Weil bei Faißt spielerische und menschliche Stärke miteinander verbunden sind. Er übernimmt Verantwortung, ist Kapitän unter dem Juniorennationaltrainer Heuberger und spielt sich in seiner ersten Bundesligasaison in Dormagen mit gerade einmal 19 Jahren in den Vordergrund. Und dann kommt dieses Juniorenländerspiel in Schaffhausen gegen die Schweiz.

Es ist der 3. März 2009. Sebastian Faißt läuft nach einem Angriff zurück und bricht zusammen. „Ich sehe noch genau vor mir, wie unser Mannschaftsarzt Kurt Steuer immer wieder versucht, ihn wiederzubeleben, später auch noch ein Notarzt“, sagt Martin Heuberger: „Es ist eine schlimme Erfahrung, jemandem helfen zu wollen, es aber nicht zu können.“ Sebastian Faißt stirbt eine Stunde nach dem Zusammenbruch. Bei der Obduktion in Zürich wird Herzversagen als Todesursache festgestellt. Es hatte zuvor nichts darauf hingedeutet.

Heuberger schaut aus dem Fenster

Was Martin Heuberger aber auch immer in Erinnerung bleiben wird, ist die Reaktion von Sebastian Faißts Mutter, die sofort in die Halle nach Schaffhausen geeilt war: „Sie ist eine ganz besondere Frau, sie hat in dieser Situation noch die Kraft gefunden, die Mitspieler zu trösten.“

„Kreuzen und Druck machen“

Trotzdem verbietet sich der Vergleich mit dem Fußball-Bundestrainer nicht: beide im Südbadischen fest verwurzelt, authentisch und anfangs skeptisch beobachtet, teilweise auch belächelt für einen Dialekt, der etwas singend-melodisches hat. Einem größeren TV-Publikum fiel dies bei den WM-Übertragungen auf, wenn in den Auszeiten ein Mikrofon über Spieler und Trainer gehalten wurde und Martin Heuberger immer wieder „Kreuzen und Druck machen“ forderte. „Ich rede doch jetzt nicht Hochdeutsch – zum einen kann ich es nicht wirklich, zum anderen würde ich mich damit bei meinen Spielern unglaubwürdig machen. Die dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass man sich verstellt“, sagt Heuberger, für den es auch eine Niederlage wäre, wenn die Leute in Schutterwald sagen würden: der Martin hat sich verändert. Daheim also, wo er für seine Frau, die mittlerweile erwachsenen beiden Söhne und sich ein Haus gebaut und den Garten angelegt hat. „Architektur wäre auch etwas für mich gewesen.“ Etwas entwickeln und erschaffen, das macht ihm Spaß, das befriedigt ihn.

Martin Heuberger ist ein akribischer Arbeiter, der einstecken kann. Das hat er als Kreisläufer gelernt, jene Position im Handball, die einem die größte Leidensfähigkeit abverlangt. „Ständig gibt es auf die Mütze“, sagt Heuberger. So wie auch nach der verpassten Qualifikation für die Sommerspiele, als aus dem neuen Bundestrainer Heuberger in den Kommentierungen immer wieder ein Heulberger gemacht wurde. „Das ist respektlos, damit kann ich nicht viel anfangen“, sagt er

Unterwegs zum Marienplatz

Die Zahnradbahn ist in Degerloch angekommen, und auch das Gespräch bekommt auf dem Weg zurück zum Marienplatz eine Wendung. „Ich spreche jetzt über einen Tiefpunkt, der alle andere Misserfolge relativiert“, sagt Martin Heuberger, der darauf gewartet hat, diese Geschichte zu erzählen.

Es ist die Geschichte von Sebastian Faißt. „Ich denke oft an ihn“, sagt Martin Heuberger, „bei der WM ist mir in den Sinn gekommen, dass Sebastian wahrscheinlich dabei wäre, wenn er noch leben würde.“ Sebastian Faißt war eines der größten deutschen Handballtalente. Der junge Mann aus dem Schwarzwald ist für den Nachwuchstrainer Martin Heuberger ein ganz besonderer Spieler. Weil bei Faißt spielerische und menschliche Stärke miteinander verbunden sind. Er übernimmt Verantwortung, ist Kapitän unter dem Juniorennationaltrainer Heuberger und spielt sich in seiner ersten Bundesligasaison in Dormagen mit gerade einmal 19 Jahren in den Vordergrund. Und dann kommt dieses Juniorenländerspiel in Schaffhausen gegen die Schweiz.

Es ist der 3. März 2009. Sebastian Faißt läuft nach einem Angriff zurück und bricht zusammen. „Ich sehe noch genau vor mir, wie unser Mannschaftsarzt Kurt Steuer immer wieder versucht, ihn wiederzubeleben, später auch noch ein Notarzt“, sagt Martin Heuberger: „Es ist eine schlimme Erfahrung, jemandem helfen zu wollen, es aber nicht zu können.“ Sebastian Faißt stirbt eine Stunde nach dem Zusammenbruch. Bei der Obduktion in Zürich wird Herzversagen als Todesursache festgestellt. Es hatte zuvor nichts darauf hingedeutet.

Heuberger schaut aus dem Fenster

Was Martin Heuberger aber auch immer in Erinnerung bleiben wird, ist die Reaktion von Sebastian Faißts Mutter, die sofort in die Halle nach Schaffhausen geeilt war: „Sie ist eine ganz besondere Frau, sie hat in dieser Situation noch die Kraft gefunden, die Mitspieler zu trösten.“

Martin Heuberger war es ein Bedürfnis, diese Geschichte zu erzählen. Und jetzt hat er das Bedürfnis schweigend aus dem Fenster zu schauen – bis zur Endstation am Marienplatz.

Noch auf einen Cappuccino ins Café Kaiserbau? „Gerne“, sagt Martin Heuberger, der noch ein bisschen von der WM erzählt: vom Vertrauen, das ihm die Spieler mittlerweile entgegenbringen, und wie man es schafft, ohne wurfgewaltige Spieler im Rückraum mit den Besten der Welt mitzuhalten – durch schnelles, ideenreiches Spiel über den Kreis.

Keine Lust aufs Dschungelcamp

„Es fällt mir manchmal schwer, nicht an Handball zu denken“, sagt Martin Heuberger: „Es kann passieren, dass wir mit Freunden im Restaurant sitzen und meine Frau irgendwann sagt: ‚Martin, bist Du noch da oder schon wieder beim Handball?’“ Mit der Ablenkung hat er seine Probleme. Während der WM hatte der bisherige Co-Trainer Frank Carstens versucht, den Chef zum gemeinsamen „Dschungelcamp“-Schauen zu bewegen. Es blieb beim Versuch, der von einem wegen des Gesehenen fassungslosen Heuberger schnell abgebrochen wurde. Selbstdarsteller sind ihm fremd, so war auch die Außendarstellung anfangs sein Problem als Bundestrainer. Der Erfolg hilft Martin Heuberger gerade dabei, dass sich die Leute auch außerhalb von Schutterwald das richtige Bild von ihm machen.

Im Café Kaiserbau gerät die Heimerdinger Gymnastik-Gruppe in Verzückung, als sie Martin Heuberger am Nebentisch entdeckt. „Toll haben Sie das bei der Weltmeisterschaft hingekriegt“, sagt die Anführerin. „Danke, dieses Lob freut mich“, sagt Martin Heuberger. Und sie ist ihm jetzt auch anzusehen, die Freude.