Der herkömmliche Koranunterricht an den Moscheen reiche nicht aus, sagt dieLudwigsburger Dozentin Gökcen Tamer-Uzun. Deshalb sei muslimischer Religionsunterricht
an den Schulen wichtig.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)
Göppingen – - Gökcen Tamer-Uzun bildet an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg zurzeit 53 Studenten zu muslimischen Religionslehrern aus. „Das ist ganz etwas anderes als der Koranunterricht an Moscheen“, sagt die 39-Jährige.
Frau Tamer-Uzun, was bringen Ihre islamischen Religionslehrer den Kindern bei?
Wir sprechen über Gott, die Schöpfung, die Engel, die Feste, das Gebet und natürlich über unser Glaubensbuch, den Koran. Wir beschäftigen uns mit den Worten des Propheten und mit der Geschichte des Islam. Auch der Umgang mit unseren Mitmenschen und der Natur sind Themen.
Werden auch andere Religionen beachtet, zum Beispiel das Christentum?
Natürlich, der Prophet Isa, also Jesus, spielt eine große Rolle. Wir arbeiten mit der evangelischen und katholischen Theologie zusammen und haben hier an der PH auch gemeinsame Seminare. Wir üben uns im Dialog, was ja für beide Seiten gut ist.
Wie viel Prozent der muslimischen Schüler können mit dem Unterricht erreicht werden?
Das kommt auf die Schulen an. Wir wissen, dass sechs Prozent der baden-württembergischen Schüler muslimischen Glaubens sind. In Ballungsräumen sind es deutlich mehr, und oft nehmen bis zu 100 Prozent der muslimischen Schüler an dem Religionsunterricht teil. Wir haben auch Kinder alevitischen Glaubens, auch sie werden von den Lehrern berücksichtigt. Was wir noch nicht hatten, sind Nichtmuslime. Es gibt zwar immer wieder Anfragen von Schülern für einzelne Stunden. Aber man weiß halt nicht, was die Eltern darüber denken.
Der Religionsunterricht ist ja eher sunnitisch geprägt.
Genau, so steht es im Bildungsplan. Aber in der Grundschule spielt das überhaupt keine Rolle. Da werden erst einmal die Grundlagen beigebracht. Erst später kommt man zu den verschiedenen Rechtsschulen.
Viele Kinder gehen bisher zum Koranunterricht in die Moschee. Reicht das nicht?
An der Moschee wird meistens in der Muttersprache des Kindes oder seiner Eltern unterrichtet, und es geht darum, zu lernen, den Koran auf Arabisch zu lesen. Bei uns ist es ganz anders. Wir sprechen auf Deutsch über religiöse Angelegenheiten. So lernen die Kinder auch, die Dinge auf Deutsch zu benennen und ihren Glauben reflektiert zu verstehen. Und es findet ein regelrechter innerislamischer Dialog statt, weil wir inzwischen Kinder aus ganz verschiedenen Kulturkreisen haben. Da kommt man zu sehr schönen Gesprächen.