Was kommt für Frauen nach der ersten Berufserfahrung und der Familienplanung? Eine Stelle als Professorin an einer Uni – dafür werben zumindest die Hochschulen. Im Herbst beginnt ein Mentorenprogramm.

Ludwigsburg - Schule, Studium, Beruf, Kind: Das ist für viele Frauen heutzutage die gängige Reihenfolge im Leben. Geht es allerdings nach den Hochschulen in der Region, sollte nach dem Abschluss der Familienplanung noch eine weitere Station hinzukommen, nämlich die der Professorin an einer Hochschule. Noch immer lehren nach Ansicht der Gleichstellungsbeauftragten zu wenige Frauen an den Unis; im Jahr 2015 etwa lag der Frauenanteil im Land bei etwa 20 Prozent.

 

Ein erster Schritt, um diese Zahl zu erhöhen, ist nun getan: Der Europäische Sozialfonds (ESF) unterstützt das Ansinnen der Hochschulen nach mehr weiblichen Professoren mit insgesamt 232 000 Euro für sieben Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in Baden-Württemberg. Diese hatten einen gemeinsamen Verbundantrag gestellt. Nutznießer in der Region Stuttgart sind die Hochschule für Verwaltung und Finanzen (HVF) in Ludwigsburg, die Hochschule der Medien in Stuttgart (HDM) sowie die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HFWU) in Nürtingen-Geislingen.

100 Tandems sollen gebildet werden

Angelegt ist ein vierjähriges Projekt mit der Bezeichnung Coment (Coaching, Mentoring, Training). Vom Herbstsemester 2017 an sollen in drei Durchgängen etwa 100 sogenannte Tandems gebildet werden. Diese bestehen aus einer Professorin oder einem Professor einer Hochschule und einer Frau aus der Wirtschaft oder Verwaltung mit abgeschlossener oder begonnener Promotion. In vier Wochenend-Seminaren lernen die künftigen Professorinnen etwa, wie sie mit sicherer Stimme und guter Didaktik einen Vortrag halten. Bei Bedarf können sie einen Sprach- und Didaktikkurs belegen. „Die Frauen können zudem an einem Berufungsverfahren teilnehmen, dort sehen, wie Bewerber beurteilt werden und welche Fallen es bei solchen Gesprächen geben kann“, sagt Sarah Spitzer von der HDM. Ganz wichtig bei dem Projekt sei generell die Vernetzung untereinander und die Wiederherstellung von Kontakten zu weiblichen Uni-Absolventen, den sogenannten Alumni. „Die meisten gehen von der Hochschule ab, arbeiten dann erst einmal und bekommen dann Kinder. Und dann ist der Kontakt zu diesen Frauen abgebrochen, was sehr schade ist.“

Keine eierlegende Wollmilchsau gesucht

Natürlich müssten die am Coment-Programm Interessierten einiges mitbringen. „Wir suchen ja keine eierlegende Wollmilchsau, aber das Interesse an der Lehre und Forschung, Berufserfahrung, möglichst eine Promotion oder zumindest das Bestreben danach sowie das Beherrschen der englischen Sprache sind natürlich unabdingbar“, erklärt Sarah Spitzer.

Besonders auch für die Studenten sei es positiv, wenn sie nicht nur von männlichen Lehrkräften unterrichtet würden. „Frauen und Männer haben beim Unterrichten eine unterschiedliche Herangehensweise, und genau diese Vielfalt ist wichtig für die Studenten“, meint Sarah Spitzer. Leider liege der Frauenanteil bei den HDM-Professoren derzeit bei 17,8 Prozent, sagt sie, und die Tendenz sei rückläufig.

Männer sind unerschrockener

Dabei sei der Beruf der Professorin ein absoluter Traumberuf, meint Gunda Rosenauer von der HVF. „Man kann mit jungen Menschen arbeiten und diskutieren, die eigenen Werte weitergeben und viel gestalten und forschen.“ Sie sieht das Problem, weshalb sich nur wenige Frauen für den Job einer Professorin bewerben würden, im generellen Bewerbungsverhalten vieler Frauen. „Frauen bewerben sich auf eine Stelle, wenn 86 Prozent der Stellenbeschreibung auf ihr Profil passen. Männer hingegen bewerben sich schon bei einer Trefferquote von 56 Prozent.“