Seit 2011 dürfen Hochschullehrer im Land ihren Ruhestand hinausschieben, bis sie 68 Jahre alt sind – und sehr viele machen davon auch Gebrauch. Nur in den wenigsten Fällen zieht das Wissenschaftsministerium in Stuttgart nicht mit.

Stuttgart - Seit einer Dienstrechtsreform des Landes, die Anfang 2011 in Kraft getreten ist, machen offenbar viele Professoren von der dort vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch, ihren Ruhestand bis zum 68. Lebensjahr hinauszuschieben. Landesweit haben nach Auskunft des Wissenschaftsministeriums allein zwischen Januar 2013 und April 2015 etwa 300 Hochschullehrer ihre Dienstzeit entsprechend verlängert. Wie viele im gleichen Zeitraum regulär mit 65 Jahren aufgehört haben, weiß man dort zwar nicht – man führe dazu „keine Listen“, hieß es im Haus von Ministerin Theresia Bauer (Grüne). An der Uni Heidelberg nimmt laut der Pressestelle inzwischen aber bereits mehr als die Hälfte der Professoren die Option zur Weiterarbeit bis 68 wahr. An der kleineren Uni Mannheim bleibt die Hälfte der Professorinnen und Professoren bis 68 in Forschung und Lehre.

 

Die Regelung wird nach Auskunft beider Unis hier wie dort „über alle Fakultäten hinweg“ gleich gern angenommen. „Man kann sagen, dass dies nichts Außergewöhnliches mehr ist, sondern eher der Normalfall“, sagt die Sprecherin der Uni Heidelberg, Marietta Fuhrmann-Koch. Bei den Heidelberger Medizinern erfreut sich die Reform offenbar besonderer Beliebtheit. Hier haben sich seit 2011 neun von zwölf Professoren für eine Verlängerung entschieden, nur drei haben mit 65 den Regelruhestand angetreten.

Anspruch auf späteren Ruhestand

Seit der Reform des Dienstrechts haben die Professoren Anspruch auf späteren Ruhestand, wenn keine dienstlichen Interessen der Universität dem entgegenstehen. Die Gründe dafür müssen klar und ausreichend dargelegt werden, falls eine Verlängerung abgelehnt wird.

Dies hat kürzlich auch der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim in einem Streit zwischen der Universität Freiburg und deren Philosophieprofessor Günter Figal (65) bekräftigt – und das Land quasi in letzter Minute vor Ablauf dessen regulärer Dienstzeit per Eilentscheidung verpflichtet, den Eintritt in den Ruhestand des Hochschullehrers vorläufig bis Ende September zu verschieben. Figal hatte seinen Verlängerungsantrag bereits im Oktober 2013 eingereicht. Universität und Land hatten sich anschließend sehr viel Zeit gelassen und die Ablehnung schließlich damit begründet, seine Professur solle künftig in ein Nachwuchsförderkonzept aufgenommen und – für zumindest sechs Jahre – in eine geringer dotierte W1-Stelle umgewandelt werden.

Richter nicht überzeugt

Damit konnten die Mannheimer Richter nicht überzeugt werden. Der Freiburger Philosophieprofessor habe seinen Anspruch auf ein Hinausschieben des Ruhestands glaubhaft gemacht; dagegen habe das Land die dienstlichen Interessen der Hochschule, die einer Verlängerung entgegenstünden, nicht hinreichend dargelegt, stellten sie fest. „Nicht jede vage und frei veränderbare Personalplanung“ genüge für die Annahme eines dienstlichen Interesses, heißt es unter anderem in dem Senatsbeschluss. Dies würde sonst eine Überprüfung des Anspruchs auf Hinausschieben des Ruhestands „weitgehend leerlaufen lassen.“ (Az 4 S 630/15)

Figal hofft darauf, dass das Land angesichts der detaillierten Begründung des VGH von sich aus einlenkt, sonst müsste das erstinstanzliche Gericht in Freiburg, bei dem die Klage im Hauptsacheverfahren anhängig ist, das Thema noch einmal verhandeln. Ein Termin dafür ist noch nicht in Sicht. Der Professor jedenfalls möchte die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Weiterarbeit wahrnehmen. Er habe in jüngerer Zeit sechs Bücher veröffentlicht und fühle sich als Philosoph in seiner Arbeitssituation „auf der Höhe meiner beruflichen Möglichkeiten“, sagte er. „Wenn man in einer so produktiven Phase ist, möchte man dafür auch den dienstlichen Rahmen nutzen.“

Ein Pro und Kontra zur Dienstaltersgrenze lesen Sie hier.