Rund drei Jahre hat die Auseinandersetzung der Sparkasse Ulm mit Sparern um hochverzinste Vorsorgesparverträge namens „Scala“ gedauert. Nach spektakulär verlorenen Prozessen hat sich die Sparkasse jetzt außergerichtlich mit einer Klägergruppe geeinigt.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Der baden-württembergische Sparkassenpräsident Peter Schneider hat schon alles gewusst, als er am Dienstag bei seiner Bilanzpressekonferenz für das Jahr 2015 beiläufig erwähnte, der Ulmer Scala-Streit stehe kurz vor einer Lösung. Am Freitag kam die Bestätigung von den Streitparteien selber. Die Ulmer Bank hat sich mit 220 Klägern geeinigt. Über den Inhalt der vielen Einzellösungen ist Stillschweigen vereinbart worden.

 

Nicht vorstellbar, dass der Vergleich, auf den sich die Ulmer Sparkasse jetzt eingelassen hat, für die Kunden wesentlich schlechter ausfällt als das, was das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) im vergangenen September in zweiter Instanz festgestellt hat. Die Bank wurde verurteilt, sämtliche bis in die 1990er Jahre zurückreichenden Vorsorgeverträge mit einer Laufzeit von 25 Jahren einzuhalten. Ratensparern wurde das Recht eingeräumt, bis zum jeweiligen Vertragsende monatlich zwischen 25 und 2500 Euro einzuzahlen. Nach jeweils 20 Jahren muss die Bank, wie einstmals vereinbart, zusätzlich zum jeweils notierenden Grundzins noch 3,5 Prozent Bonuszinsen auf das eingezahlte Kapital ausschütten.

220 Kläger und sehr unterschiedliche Fälle

Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse, Manfred Oster, sprach am Freitag von einem „großen Schritt“, der seitens seiner Bank getan worden sei. Es habe eine „Vielzahl von sehr unterschiedlichen Einzelfällen“ geregelt werden müssen. Im Wesentlichen unterteilt sich die 220 Köpfe starke Klägergruppe, die von dem Anwalt Christoph Lang vertreten wurde, in drei Gruppen: Es sind diejenigen, die sich prinzipiell einer Änderung oder Kündigung ihrer Scala-Verträge verweigert haben; schließlich Kunden, die sich von der Sparkasse ab 2013 zunächst in ein schlechter verzinstes Alternativangebot haben drängen lassen, dann aber wieder zurück in die ursprünglichen Verträge wollten; und zuletzt Kläger, die geltend machten, die Bank habe wissentlich den variablen Grundzins der Scala-Verträge zu niedrig berechnet. Eine ganze Reihe diesbezüglicher Gerichtsverfahren war zum Ende des vergangenen Jahres noch beim Oberlandesgericht Stuttgart anhängig.

Mit ihrem Vergleich hat die Bank gleich sämtliche Ansprüche abgeräumt. Dass das Ergebnis zur vollkommenen Zufriedenheit der Sparer ausfällt, verrät die Wortwahl des Rechtsanwalts Lang. Gleich nach dem OLG-Urteil im September hätten die Güteverhandlungen begonnen, vier Monate lang seien sie „mit Hochdruck“ und „in superkonstruktiver Atmosphäre“ geführt worden, so Lang am Freitag. Seine Mandanten hätten die Vorschläge der Bank bei einer Gruppenbesprechung am 25. Januar „in kürzester Zeit“ akzeptiert. Am Freitag vergangener Woche sind die unterzeichneten Vergleichsvereinbarungen bei der Sparkasse eingegangen. Damit sind die Entscheidungen sowohl des Landgerichts Ulm als auch des Oberlandesgerichts Stuttgart obsolet geworden.

Keine übertragbare Musterwirkung auf andere Fälle

Für die Scala-Kunden, die den Gerichtsstreit bisher unbeteiligt verfolgt haben, heißt das, es gibt keinerlei übertragbare Musterwirkung der Gütevereinbarungen. Im Lauf des Jahres 2013 hatte die Ulmer Bank von damals 21 300 Scala-Kunden 14 600 zum Wechsel in schlechter verzinste Rentensparprodukte überredet. Wer da nicht mitmachte, dem wurden die Ratenzahlungen zwangsweise gedeckelt; Maßstab war die Einzahlungshöhe Ende 2012, also vor Beginn der Finanzkrise. 3000 solcher unwidersprochener Deckelverträge bestehen bis heute. Rund 4000 Scala-Kunden hatte die Sparkasse unangetastet gelassen, weil die Laufzeit absehbar oder das angesparte Kapital besonders gering ist. Teuer sind für die Sparkasse die zuletzt abgeschlossenen Scala-Verträge, sie laufen noch bis zum Jahr 2030.

Über die Höhe ihrer aktuellen und noch zu erwartenden Verluste durch die Scala-Verträge sagt die Sparkasse nichts. Die Gütelösung sei aber „wirtschaftlich kalkulierbarer“ als bisher, teilte die Bank am Freitag mit. Im September vergangenen Jahres ist die Risikorückstellung für Scala um sieben Millionen Euro auf 36 Millionen Euro erhöht worden. Damit ging der Risikopuffer bereits in den Bereich eines ganzen Jahresergebnisses (zuletzt knapp 50 Millionen Euro). Für die Zukunft begrenzt scheint nun der Imageschaden. Am Freitag sagte Vorstandschef Oster: „Unser Bestreben ist es immer, unsere Kunden zufriedenzustellen. Wir bedauern, dass in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit ein anderer Eindruck entstanden ist.“