Noch ist der Bau einer 380-KV-Überlandleitung von Aalen nach Ebersbach durch den Schurwald gesetzlich festgelegt. Sie müsste also gebaut werden. Aber jetzt stellt auch die Netzagentur in Frage, dass sie wirklich nötig ist.

Göppingen - Die Gegner der geplanten Höchstspannungsleitung zwischen Aalen-Goldshöfe und Ebersbach-Bünzwangen haben schon immer geargwöhnt, dass die Leitung nicht notwendig sei. Neu ist, dass diese Überlegung mittlerweile auch bis zum Netzbetreiber Transnet BW, zur Bundesnetzagentur und zum Bundeswirtschaftsministerium vorgedrungen ist.

 

Damit kommen die Trassengegner, Aktivisten von zehn Bürgerinitiativen, die drei Landkreise Ostalb, Rems-Murr und Göppingen sowie etliche Kommunen, die von der Leitung betroffen wären, ihrem Ziel, deren Bau abzuwenden, einen großen Schritt näher. Sie hatten bei der Technischen Universität Graz ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Experten kommen zum Schluss, die Leitung sei unnötig. Bei einer Informationsveranstaltung im Aalener Landratsamt, bei der das Gutachten jetzt offiziell vorgestellt wurde, überraschte der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Lange aus Schwäbisch Gmünd mit Nachrichten aus Berlin. Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel habe ihm mitgeteilt, dass der Bedarf für die Leitung überprüft werde, und zwar sowohl vom Netzbetreiber als auch von der Bundesnetzagentur. Deren Netzentwicklungspläne sind die gesetzliche Grundlage für den Bau neuer Leitungen. „Mit dieser Entscheidung wird endlich auch von Seiten der Bundesregierung geklärt, ob die Leitung Bünzwangen-Goldshöfe benötigt wird“, teilte Lange mit.

Ein Umdenken setzt ein

Auch bei der Firma Transnet BW scheint inzwischen ein Umdenken einzusetzen. Vertreter des Netzbetreibers haben dem Aalener Landrat Klaus Pavel zufolge eingeräumt, dass man nicht mehr 100-prozentig von der Notwendigkeit der Leitung überzeugt sei. Dabei hatte die Transnet noch im Juli die Ergebnisse des Grazer Gutachtens angezweifelt.

„Wir können dem Gutachten in weiten Teilen folgen“, erklärt Michael Reifenberg, ein Sprecher der Bundesnetzagentur. Die TU Graz sei auch eine jener Hochschulen, mit denen die Bundesnetzagentur bei der Überprüfung der Netzentwicklungspläne zusammenarbeite. Inwieweit jedoch einzelne Szenarien nochmals durchgerechnet werden müssten, sei noch offen. „Das wollen wir mit den Beteiligten nochmals durchsprechen“, kündigt Reifenberg an. Es sei aber gut möglich, dass man zur Überzeugung komme, die Trasse sei verzichtbar. Noch ist sie gesetzlich vorgeschrieben. Das heißt für die Netzbetreiber, dass sie diese Leitung auch bauen müssen.

„Notwendigkeit wurde nie geprüft“

Überprüft wird der Netzentwicklungsplan, der Vorgaben für die kommende Dekade macht, allerdings jährlich. Der Landrat Klaus Pavel vermutet, dass die Notwendigkeit Trasse bisher nie überprüft wurde, sondern in den Versorgungsszenarien stets einfach als gegeben erachtet wurde. „Am 11. November findet eine weitere Informationsveranstaltung im Aalener Landratsamt dazu statt, bei der auch Vertreter der Transnet BW und der Bundesnetzagentur zugegen sein werden. Ich gehe davon aus, dass am Ende der Auftrag stehen wird, die gesetzliche Grundlage zu ändern und die Leitung zu streichen“, sagt Pavel.